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Prof. Dr. Michael Maul - Intendant des Bachfestes Senior Scholar

Liebe Freundinnen und Freunde der Haller Bach-Tage,

Johann Sebastian Bach kannte viele führende deutsche Komponisten seiner Zeit persönlich. Sein Sohn Carl Philipp Emanuel schwärmt später rückblickend über die Jahre in der Dienstwohnung seines Vaters am Leipziger Thomaskirchhof: "... denn es reiste nicht leicht ein Meister in der Musik durch diesen Ort, ohne meinen Vater kennen zu lernen und sich vor ihm hören zu lassen."

Doch an dem berühmtesten seiner Zeitgenossen, biss sich der alte Bach die Zähne aus: Georg Friedrich Händel. Wie Bach war Händel Jahrgang 1685. Nach einer Organistenlehre in seiner Geburtsstadt Halle machte er als Opernkomponist in Hamburg, Italien und schließlich ab 1711 in London Karriere. Hier entwickelte er sich zu einem schillernden Musikunternehmer und unterhielt die Londoner High Society mit prächtigen Opern- und Oratorien-Produktionen, präsentiert von den Stars am europäischen Sängerhimmel.

Bach packte die wenigen sich bietenden Gelegenheiten beim Schopfe, um Händel kennenzulernen - immer wenn dieser seine Mutter im anderen Halle an der Saale besuchte. Carl Philipp Emanuel Bach erzählt weiter: "Händel ist dreymal aus England in Halle gewesen, das erstemal ungefähr um 1719, das zweytemal in den Dreyßigern [1729!], und das letztemal 1752 oder 1753. Beym erstenmale war J.S.B. damals Kapellmeister in Köthen, vier kleine Meilen von Halle. Er erfuhr Händels Anwesenheit in letztgedachtem Orte, sogleich setzte er sich auf die Post, und fuhr nach Halle. Denselben Tag, wie er da ankam, reisete Händel weiter. Beym zweytenmale hatte J. S. B. zum Unglück das Fieber. Weil er nun selbst nach Halle zu reisen außer Stande war, so schickte er sogleich seinen ältesten Sohn, Wilhelm Friedemann, dahin, um Händeln aufs höflichste einzuladen. Friedemann besuchte Händeln, und erhielt zur Antwort, daß er nicht nach Leipzig kommen könnte, und es sehr bedauerte. (J.S.B. war nämlich schon damals in Leipzig, auch nur vier Meilen von Halle.) - Beym drittenmale war J.S. schon todt."

C.P.E. Bachs Resümee: "Händel war also nicht so neugierig, wie J.S.B. [...]. Umso viel mehr schmerzte es J.S.B., daß er Händeln [...], den er besonders hochachtete, nicht persönlich hatte kennen lernen."

Aber umso schöner ist es, dass die Haller Bach-Tage in ihrer 60. Auflage nun endlich ein Stelldichein der beiden großen Barock-Komponisten ermöglichen. Denn wenn sich die beiden auch nie persönlich kennengelernt haben, ergänzen sie sich doch perfekt. Ich freue mich sehr auf dieses musikalische Gipfeltreffen und bin mir sicher: Bachs und Händels Klänge, vorgetragen von erlesenen Interpreten, werden uns die Sterne vom Notenhimmel holen!

Ihr Michael Maul, Intendant des Bachfestes Leipzig

Prof. Dr. Michael Maul
Intendant des Bachfestes Senior Scholar