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Interview mit Friedemann Engelbert

Die Haller Bachtage sind in HalleWestfalen seit 60 Jahren fester Bestandteil der kulturellen Landschaft. Was sind aus Ihrer Sicht die Säulen, die das Klassikfestival tragen und so erfolgreich machen?

Die Haller Bach-Tage sind das Festival der kurzen Wege! Das ist nicht nur räumlich, sondern auch organisatorisch zu verstehen. Es ist ein besonderes Privileg, dass ich als Kantor der evangelischen Kirchengemeinde ein städtisches Festival als künstlerischer Leiter gestalten darf. Die Zusammenarbeit zwischen uns im Kantoreibüro und dem Team des Kulturbüros funktioniert hervorragend. Das ist nicht selbstverständlich, zumal das Team (inklusive meiner Person) in den letzten fünf Jahren komplett neu aufgestellt worden ist und wir mit den Schwierigkeiten der Corona-Zeit zu kämpfen hatten.

Eine weitere wichtige Säule ist das Kuratorium, das sich aus den Verantwortlichen von Stadt, Kirchengemeinde, Kirchenkreis und Sponsoren zusammensetzt. Wichtig ist, dass die Sponsoren nicht nur Geld geben, sondern viel kreativen Einsatz zeigen, um das Festival zu entwickeln. Ferner sind auch die Chöre der Johanniskantorei zu nennen, die nicht nur auf hohem Niveau singen, sondern auch viel Zeit in die Probenarbeit investieren, um die großen Oratorienkonzerte zu bewältigen. Zuletzt möchte ich noch das Publikum nennen, ohne dessen oft jahrelange Verbundenheit alle Bemühungen ins Leere laufen würden.

Sind junge Menschen noch für die Musik von Bach zu begeistern? Wie können diese erreicht werden?

Ich sehe beim Nachwuchs des Bach-Chores:
Der Appetit kommt beim Essen! Die erste Motivation, im Bach-Chor zu singen ist meistens nicht die Musik als solche, sondern die wertschätzende Atmosphäre, das Treffen von Freunden und Gleichgesinnten sowie das Erleben und Teil-Sein von etwas Qualitätvollem. Und dann begegnet man der Musik von Bach, Händel, Mozart und Mendelssohn und merkt, was es abseits der Popkultur, die viele Menschen (auch mich) täglich begleitet, noch zu entdecken gibt. Aber nicht alle können sich die Musik von Bach & Co singend oder musizierend erschließen. Darum versuchen wir, mit Kinderkonzerten und anderen Formaten wie dem Tanz-Projekt "Dancing Queen" in diesem Jahr, junge Menschen mit dieser Art von Musik-Kultur in Verbindung zu bringen.

Welches Konzert sollte man sich in diesem Jahr auf keinen Fall entgehen lassen? Haben Sie eine Empfehlung?

Wenn es sie gäbe, würde ich den Menschen eine Dauerkarte empfehlen! Am Eröffnungskonzert mit "Voces8" führt kein Weg dran vorbei, Händels Oratorium "Israel in Egypt" gab es noch nie in Halle, das sollte man sich nicht entgehen lassen. Spannend wird auch Händels Feuerwerksmusik, inszeniert durch einen Lichtkünstler. Und wenn man schon mal im "Musik-Rausch" ist, sollte man sich den CPE-Bachchor Hamburg, das Ensemble "I Zefirelli", das Shakespeare-Programm mit dem Marais-Consort, die Goldberg-Variationen, die Johannes-Passion und den Kantatengottesdienst auch nicht entgehen lassen. Die Bach-Tage sind Halles fünfte Jahreszeit!

Was können wir von den Haller Bachtagen in den kommenden Jahren erwarten? Planen Sie, neue Wege einzuschlagen?

Die Haller Bach-Tage werden weiterhin in erster Linie ein Klassik-Festival bleiben. Aber die verschiedenen Themen, die mir für die nächsten Jahre im Kopf herumschwirren, eröffnen so viele Möglichkeiten für verschiedenste Musikwerke und Veranstaltungskonzepte. Wichtig ist meines Erachtens einerseits die lokale Anbindung über die eigenen Chöre und die Projekte in den Schulen, andererseits die Verpflichtung von bedeutenden internationalen Musikerinnen und Musikern und Ensembles. Mit diesem Konzept können wir uns in der Region wirklich sehen lassen und müssen weiterhin versuchen, auch die Menschen über Halle hinaus zu erreichen. Daher meine Bitte an alle Bachtage-Fans: Erzählt von dem Festival, gebt die Programmhefte weiter und ladet Bekannte und Familie ein!