Noch beschwerlicher war der Weg und vor allem ein ganzes Jahrzehnt später wurde er beschritten, an dessen Ende die heimischen Genossenschaftsbanken, die neben der Sparkasse das zweite Standbein des Bankwesens im Kreis bilden, den Zusammenschluss zur„Volks- und Raiffeisenbank Werra-Meißner“ vollzogen. Traditionell dichtmaschig und kleinteilig war das Netz der Genossenschaftsbanken im ländlich strukturierten WerraMeißner-Kreis. Neben der Volksbank Hess. Lichtenau, die als einzige ihrer Art den Gesamtkreis abdeckte, gab es noch die Raiffeisenbanken in Witzenhausen, Eschwege, Wehretal und Hess. Lichtenau. Zwar spielten die besonderen lokalpolitischen Befindlichkeiten, die beim Zusammenschluss der Sparkassen so dominierend gewesen waren, im Bereich der Genossenschaftsbanken nur eine marginale Rolle, aber die wirtschaftlichen Turbulenzen, in die eine der beteiligten Banken im Vorfeld der Fusion geraten waren, wirkten sich auf das geplante Zusammengehen zugleich erschwerend als auch beschleunigend aus. Fast zeitgleich hatte das Fusionskarussel 1998 an Fahrt gewonnen. Auf der einen Seite schlossen die Volksbank Hess. Lichtenau und die Raiffeisenbank Witzenhausen einen Kooperationsvertrag, dessen erklärtes Ziel die Verschmelzung der beiden Institute darstellte, auf der anderen Seite waren die Raiffeisenbanken in Eschwege, Hess. Lichtenau und Wehretal schon einen Schritt weiter und hatten sich bereits zusammengeschlossen. Bis zum Sommer 2000 war man sich bei allen Beteiligten einig und die neue „VR Bank Werra-Meißner-Meißner“, gebildet aus den Partnern Volksbank Hess. Lichtenau/Raiffeisenbank Witzenhausen sowie der Raiffeisenbank Eschwege – Hess. Lichtenau – Wehretal hatte Gestalt angenommen. Das zur Fusion nötige Votum der Vertreterversammlungen war mit 99 % ebenso vorhersehbar wie deutlich und die neue kreisweite Genossenschaftsbank mit Kundeneinlagen von 1,1 Mrd. DM, einer Kreditsumme von rund 1 Milliarde DM und der Gesamtbilanzsumme von knapp 1,6 Mrd. DM war aus dem Taufbecken gehoben. „Die Dreier – Fusion der Genossenschaftsbanken im Werra-Meißner-Kreis war eine schwere Geburt“, kommentierte die Lokalpresse am 22. Juli 2000, „im Landes- und Regionalvergleich kam sie eher spät, angesichts der zunächst schleppenden Diskussion in unserem Kreis dann doch überraschend schnell. Nun ist die Volks- und Raiffeisenbank Werra–Meißner dabei, sich zu etablieren. Der Name ist noch gewöhnungsbedürftig.“ 332 Mittlerweile ist die „schwere Geburt“ lange vergessen und der damals noch gewöhnungsbedürftige Name längst in den Sprachschatz des Werra-Meißner-Kreises eingegangen. Das liegt nicht nur am wirtschaftlichen Erfolg der neuen Bank – die Bilanzsumme erreichte im Geschäftsjahr 2012 mit 970 Mill. Euro fast die Milliardengrenze – sondern auch an der regionalen Verwurzelung im Werra-Meißner-Kreis. Ähnlich wie die Sparkasse ist auch die VR Bank Werra-Meißner bestrebt, der Region durch die Unterstützung zahlreicher kultureller, sozialer und gemeinnütziger Initiativen etwas von dem Vertrauen zurückzugeben, das die Menschen in sie setzen – und das „hilfsbereit, engagiert, regional, zuverlässig“, eben mit Herz für die Region. Die Einheit und Vielfalt des Werra-Meißner-Kreises repräsentieren auch die Organisationen der heimischen Wirtschaft. Zu nennen sind hier vor allem die Kreishandwerkerschaft sowie die Industrie- und Handelskammer Kassel – Marburg, die mit dem Regionalausschuss Werra-Meißner das gewählte Vertretungsorgan der im Kreis ansässigen Betriebe darstellt. Ähnlich dem Kreisbauernverband gelang es bei den Handwerkern sehr schnell, die beiden selbständigen Altkreis – Kreishandwerkerschaften Eschwege und Witzenhausen sinnvoll miteinander zu verbinden. Nach nur einem Jahr Übergangszeit konnte die neue Kreishandwerkerschaft Werra-Meißner in ihrer Eschweger Geschäftsstelle – das dortige Haus gehörte der KH bereits seit dem Jahr 1954 – die Arbeit aufnehmen. Bis in die 90er Jahre wurde noch eine zweite Geschäftsstelle in Witzenhausen betrieben, ehe man die dortige Liegenschaft aufgrund zu hoher Unterhaltungskosten veräußern musste, „… eine Entscheidung“, wie die KH auf ihrer Internetseite betont, „die wir uns nicht leicht gemacht haben.“ 333 Spezielle mit der Gebietsreform entstandene Befindlichkeiten haben die Arbeit der Kreishandwerkerschaft zu keiner Zeit nennenswert belastet. Nicht von ungefähr war man von Anfang an paritätisch besetzt, Veranstaltungen fanden und finden überall im Kreisgebiet statt. Die bislang vier Kreishandwerksmeister des Werra-Meißner-Kreises als oberste Repräsentanten der elf Innungen und ihrer 550 Einzelbetriebe kamen bis 2002 aus dem Altkreis Eschwege und seitdem aus dem Witzenhäuser Raum. Ähnlich vertrauensvoll und problemlos gestaltete sich seit der Bildung des Kreises die Arbeit des Regionalausschusses Werra-Meißner der Industrie- und Handelskammer Kassel, der, betreut von der IHK-Service-Stelle im Eschweger „Haus der Wirtschaft“, als gewählte Institution sowohl die Interessen der heimischen Wirtschaft vertritt als auch im Sinne der Kreisentwicklung immer wieder nachdenkenswerte Impulse für die öffentliche und politische Diskussion liefert. Vom Amt zum Fachbereich – modernisierte Verwaltung Einheit und Vielfalt, die Überschrift des vorangegangenen Kapitels könnte als Schlagzeile auch für die Verwaltung unseres Kreises stehen. Wenn man in der Öffentlichkeit von„dem Kreis“ spricht, sind in der Regel der Landrat nebst Stellvertreter, mit Abstrichen Kreistag und Kreisausschuss, vor allem aber die diversen Fachbereiche – früher Ämter – der Kreisverwaltung gemeint. Mit ihnen haben die Menschen zu allererst zu tun, hier wird das politische Gebilde Werra-Meißner-Kreis für jeden ebenso praktisch wie hautnah lebendig und erfahrbar. 89 DER KREIS IM GEEINTEN DEUTSCHLAND CHANCE UND HERAUSFORDERUNG 08
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