Chronik Werra Meißner Kreis

dem Dach des neuen Kreises zusammenzufinden – einige Verbände wie z. B. das Deutsche Rote Kreuz, der VdK oder die Arbeiterwohlfahrt haben diesen Schritt bis heute nicht vollzogen. Ebenfalls weiterhin ausschließlich auf „Altkreis-Ebene“ aktiv sind bislang auch die christlichen Kirchen, die für ihre Arbeit ebenfalls bislang noch keine Notwendigkeiten sahen, sich den politischen Strukturen anzupassen. Beispielhaft für den unterschiedlichen Umgang mit der Problematik „Großkreis“ soll der Weg geschildert werden, den die Organisationen der Landwirtschaft, der Arbeitnehmer, des Sports und der Feuerwehren gegangen sind, ehe sie sich alle als Teil des größeren politischen Gebildes eingerichtet haben. Wenige bis überhaupt keine Probleme mit der neuen Gebietsstruktur hatten die Verbände der heimischen Landwirtschaft, die sich in Gestalt der beiden Kreisbauernverbände Eschwege und Witzenhausen bereits am 19. Februar 1974 zum Kreisbauernverband Werra-Meißner zusammenschlossen und die gemeinsame Geschäftsstelle in der Kreisstadt Eschwege einrichteten. Dies fiel umso leichter, da die beiden vorher selbstständigen Kreisbauernverbände nicht nur fast zeitgleich im Jahr 1948 gegründet wurden, sondern bereits damals durch eine gemeinsame Geschäftsstelle in Eschwege verwaltet wurden. Zum Kreisbauernverband Werra-Meißner gehören in 130 Ortsverbänden fast eintausend Landwirte, die zusammen 34.000 ha Fläche bewirtschaften. Der Kreisbauernverband hat sich zu einem modernen und leistungsfähigen Dienstleister für seine Mitglieder – die Geschäftsstelle des KBV ist gleichzeitig auch der Sitz der des Bodenverbandes, der Landtechnischen Fördergemeinschaft Werra-Meißner, des Kreisverbandes der Jagdgenossenschaften und der Kreisgruppe Werra-Meißner der hessischen Waldbesitzer – und einem unverzichtbaren Bestandteil des öffentlichen Lebens im Kreis entwickelt. Sehr früh in einen gemeinsame Kreisverband gebracht wurden auch die beiden Kreisverbände des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der allerdings nur bis 1996 eigenständig blieb, ehe er im größeren Verbund des damals neuen DGB-Kreises Hersfeld-Rotenburg/Werra-Meißner aufging. Aber dieses Konstrukt hatte nur wenige Jahre Bestand und am 7. April 2002 wurde der DGB-Kreisverband Werra-Meißner im Witzenhäuser Bürgerhaus neu gegründet und vertritt seitdem die Interessen der Arbeitnehmer in der Region. Auch im Sport haben sich nahezu alle früher auf Altkreisebene eigenständigen Verbände schon lange auf der Grundlage des Werra–Meißner–Kreises neu aufgestellt – die Palette reicht hierbei von den Fußballern über die Reiter bis hin zu den Tischtennisspielern. Etwas länger gedauert hat indes die Neuorganisation des Sportkreises Werra-Meißner e.V. als der Spitzenorganisation des heimischen Sports. Erst 34 Jahre nach der Gebietsreform konstituierte er sich am 23. Februar 2008 nach langer und intensiver Vorbereitung in Bad Sooden–Allendorf als Dachorganisation von 240 Vereinen mit insgesamt 40.000 Mitgliedern und einer eigenen Service- und Geschäftsstelle an der Bad Sooden-Allendorfer Rhenanus-Schule. Noch länger, und vor allem deutlich beschwerlicher, war der Weg hin zu einem gemeinsamen Kreisverband der Feuerwehren. Bereits kurz nach vollzogener Gebietsreform gab es erste Versuche, aus den zwei Verbänden der Altkreise einen neuen des Werra–Meißner–Kreises zu bilden. Damals war es vor allem Landrat Eitel O. Höhne, der immer wieder die Notwendigkeit einer solchen Fusion betonte. Stärker als die vor allem von der Politik forcierten frühen Fusionsbestrebungen waren allerdings die innerverbandlichen Widerstände, die damals dem Bau eines gemeinsamen„Werra-Meißner-Dachs“ für die heimischen Feuerwehren verhinderten. Deutlich weiter kam man dann in einem zweiten Versuch, der kurz nach dem 125-jährigen Geburtstag der beiden Verbände Anfang des neuen Jahrtausends unternommen wurde. Fast wäre schon damals die Fusion vollzogen worden, aber nachdem sich der Witzenhäuser Kreisverband 2003 in der entscheidenden Abstimmung mit denkbar knapper Mehrheit dagegen entschieden hatte, war auch dieser Versuch gescheitert. Danach wurde das Verhältnis der beiden Verbände einer harten Belastungs- und Bewährungsprobe unterzogen und es sollte noch einmal fünf Jahre dauern, ehe man sich erneut an einen Tisch und das Projekt Fusion wieder auf die Tagesordnung setzte. Diesmal allerdings sollte es gelingen – schließlich sind ja, wie das Sprichwort es sagt, auch aller guten Dinge drei – und am 21. Januar 2010 fusionierten die beiden Verbände zum Kreisfeuerwehrverband Werra-Meißner. Nachdem im Mai 2010 mit der FF Friedrichsbrück auch die letzte noch fehlende 133. Feuerwehr in den neuen Verband eingetreten war, hatte der Kreisfeuerwehrverband endlich alle heimischen Wehren unter seinem Dach versammelt. 322 Deutlich schneller, aber auch nicht ohne Geburtswehen, fusionierten die beiden Kreissparkassen Eschwege und Witzenhausen zur Sparkasse Werra–Meißner. Immerhin sollte es siebzehn Jahre dauern, ehe nach der Geburtsstunde des Werra-Meißner-Kreises 1974 schließlich am 1. Januar 1991 auch die gleichnamige Sparkasse das Licht der Welt erblickte. Eigentlich hätte man denken können, dass dieser Zusammenschluss zügiger von statten gehen würde, waren die beiden Sparkassen Eschwege und Witzenhausen doch als „Kreissparkassen“ unmittelbare Institutionen der beiden Landkreise und daher für eine rasche Fusion geradezu prädestiniert. Aber auch hier war eine ganze Reihe, vor allem psychologischer, Hürden zu überspringen, ehe am 2. November 1990 die Fusion formal vollzogen werden konnte. „Einstimmig hat der Kreistag des Werra-Meißner-Kreises“, berichtete die Lokalpresse am Tag darauf, „in seiner gestrigen Sitzung die Fusion der Sparkassen in Eschwege und Witzenhausen gebilligt, die ab 1. Januar 1991 als „Sparkasse Werra–Meißner“ ihre Zukunft gemeinsam gestalten. (…) 87 DER KREIS IM GEEINTEN DEUTSCHLAND  CHANCE UND HERAUSFORDERUNG 08

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxNzc3MQ==