Rückläufig war insbesondere die Milchviehhaltung, was allerdings nicht zwangsläufig eine Minderung der Milcherzeugung in gleichem Ausmaß bedeutete, denn die Milchlieferung ist von einem ganz speziellen Quotensystem abhängig. Den Bauern des Werra-Meißner-Kreises standen lange Zeit rund 50 Mio. Liter Milch pro Jahr als Liefermenge zu, die sich dann auf 48,4 Mio. Liter reduzierten, um schließlich in jüngster Zeit noch einmal um 2,5 Mio. Liter abzunehmen. Diese Liefermengen konnten trotz einer immer geringeren Anzahl von Tieren erbracht werden – von 14.799 (1971) über 8.113 (1995) bis hin zu 6.629 Milchkühen im Jahr 2009. Die letzte Erhebung aus dem Jahr 2012, die dem Zweiten Bericht zur Lage der Landwirtschaft zu Grunde liegt, sieht die Zahl der Milchkühe im Werra-Meißner-Kreis bei 6.075, Tendenz weiter fallend. Nicht ganz so gravierend gestaltete sich der Rückgang im Bereich der Schweinehaltung. Wurden Anfang Dezember 1972 noch insgesamt 45.500 Mastschweine gezählt – ohne Ferkel bis acht Wochen, Zuchtsauen und Eber – so verringerte sich diese bis 1995 auf 28.500, um schließlich 2009 auf 17.821 zu sinken – mithin ein Verlust von knapp 60 % des Schweinebestandes von 1972. Seitdem ist der hier der Bestand konstant 300, was u. a. auch an der intensiveren Vermarktung des Produktes „Ahle Wurscht“ liegen mag, die nicht nur regional von Bedeutung ist, sondern in den letzten Jahren durch intensiveres Marketing einen erheblich größeren Bekanntheitsgrad erlangt hat. In diesem Bereich ist auch der Werra-Meißner-Kreis tätig und stellt durch das „Werratal Culinarium“ seit einiger Zeit die Verbindung zwischen heimischer Landwirtschaft, entsprechenden Urlaubsangeboten und den Endverbrauchern im gesamten Bundesgebiet her. Besonders deutlich wird der Wandel im Bereich der Landwirtschaft bei einem Blick auf Zahl und Struktur der Betriebe. Im Jahr 1971 wurden auf der Fläche des heutigen Werra-MeißnerKreises noch insgesamt 4.546 Betriebe gezählt, die eine Fläche von 41.414 ha bewirtschafteten – statistisch gesehen hatte also jeder Betrieb 9,6 ha zur Verfügung. Ein knappes Vierteljahrhundert später hatte sich die Zahl der Betriebe um 2.828 oder 62 % auf nur noch 1.781 vermindert, die allerdings mit 39.000 ha nur eine geringfügig kleinere Fläche zur Verfügung hatten. Die durchschnittliche Betriebsgröße war auf 22,7 ha gewachsen, was dem Zweieinhalbfachen von 1971 entsprach. Damit war dieser Prozess bei weitem noch nicht beendet. Die aktuelle Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe im WerraMeißner-Kreis liegt bei 1.009 (1.062 in 2009), wovon 307 (319 in 2009) als Haupterwerbsbetriebe gelten und 702 (743 in 2009) die Landwirtschaft im Nebenerwerb betreiben. Dabei bewirtschaften die Betriebe im Haupterwerb mit 29.041 ha rund 75 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche des Kreises – der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe an der landwirtschaftlichen Fläche des Kreises beträgt nur 25 % und liegt damit deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts von 36 %. Dabei haben die Haupterwerbsbetriebe ihre die genutzte Fläche auf durchschnittlich 95 ha gesteigert, was deutlich über dem hessischen Durchschnitt liegt (74 ha in 2011) und den Konzentrationsprozess weiter fortsetzt. Im Gegensatz dazu stagniert die durchschnittliche Fläche der Nebenerwerbsbetriebe bei 13 ha und liegt damit weit unter dem Hessenschnitt, der bei 24 ha liegt. Überdurchschnittlich abgenommen hat vor allem die Zahl der Kleinstbetriebe unter 5 ha auf aktuell 295, die zusammen nur 808 ha bewirtschaften. Wenn dies auch nur noch 2 % der landwirtschaftlichen Flächen insgesamt ausmacht, so sind diese Betriebe vor allem bedeutsam „… in Hinblick auf Biodiversität in den Gemarkungen von Bedeutung: Je mehr unterschiedliche Betriebe Flächen bewirtschaften, um so vielgestaltiger ist die Landnutzung (Kulturen, Nutzungszeitpunkte, räumlicher Wechsel von intensiver und extensiver Nutzung), was sich positiv auf die Artenvielfalt auswirkt.“ 301 Hinsichtlich der betrieblichen Schwerpunkte lässt sich festhalten, dass die Landwirtschaft im Werra-Meißner-Kreis in etwa dem hessischen Landesdurchschnitt entspricht. Dabei ist die Spezialisierung weniger stark ausgeprägt und der Verbund zwischen Ackerbau und Tierhaltung stellt die charakteristische Betriebsform dar. Die Intensität der Produktion ist eher gering und geht mit einer relativ niedrigen Viehdichte einher. Im Jahr 2012 hatte die Landwirtschaft des Werra-Meißner- Kreises laut dem„Lagebericht“ folgendes Gesicht: » 175 reine Ackerbaubetriebe, davon 68 im Haupterwerb, bewirtschafteten 11.310 ha Fläche und damit 42 % der Gesamtackerfläche. Die Ackerbaubetriebe im Haupterwerb verfügen dabei über eine durchschnittliche Fläche von 120 ha. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Betriebe beträgt 26 %. » 246 Verbundbetriebe, davon 132 im Haupterwerb, bewirtschafteten 16.854 ha Fläche. Davon arbeiteten 155 Betriebe als Viehhaltungsverbund (80 Milchvieh- betriebe), die restlichen 91 wirtschafteten als Pflanzenbauverbund mit dem Pflanzenbau als Schwerpunkt. » 242 Futterbaubetriebe, davon 81 im Haupterwerb, bewirtschafteten 8.505 ha Fläche und damit 48 % des Grünlandes. Unter den 81 Haupterwerbsbetrieben waren 45 Milchviehhalter, 16 Mutterkuhhalter sowie 16 Rinderhalter und Schäfereien. » 17 Veredelungsbetriebe, davon 14 im Haupterwerb, bewirtschafteten 1.160 ha Fläche. Auf Veredelung spezialisierte Betriebe (Schweine, Masthähnchen, Legehennen) spielen im Werra-Meißner-Kreis nur eine untergeordnete Rolle. Die im Jubiläumsbuch zum 25. Kreisgeburtstag im Jahr 1999 aufgestellte Prognose, dass es bis 2010 im Werra-Meißner-Kreis nur noch 200, höchstens 250 landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe geben würde, hat sich, wie oben gesehen, nicht erfüllt. 80 DER KREIS IM GEEINTEN DEUTSCHLAND CHANCE UND HERAUSFORDERUNG 08
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