Chronik Werra Meißner Kreis

„hervorragende Entwicklungspotenziale (…) auf der erstaunlich guten Entwicklung der heimischen Betriebe lasse sich für die Zukunft aufbauen“. 289 Ähnlich positiv äußerte sich auch Landrat Dieter Brosey, der besonders die überproportionale Steigerung der Beschäftigungszahlen hervorhob, die mit 2,7 % im WerraMeißner-Kreis den hessenweiten Spitzenwert darstellten. Und in der Tat, überall waren die Hoffnungen auf ein Aufblühen der Region ebenso groß wie die fast mit den Händen zu greifende Aufbruchsstimmung. Das von den Wirtschaftsjunioren noch im Mai 1988 monierte „Randlagen – Gejammer“ gehörte der Vergangenheit an und zum neuen Platz in der„Mitte Deutschlands“ kam ab Juli 1990 noch die Währungsunion und die damit verbundene Sonderkonjunktur, von der besonders Einzelhandel, KFZ – Gewerbe und Baubranche profitierten. Für eine Reihe von Unternehmen eröffneten sich zudem durch den Wegfall der Randlage neue Perspektiven. Die jetzt wieder unbegrenzt vorhandene Möglichkeit, neue Absatzmärkte auch in Mittel- und Ostdeutschland zu erschließen und sie von hier aus zu bedienen, veranlasste sowohl neue als auch alteingesessene Unternehmen zu erheblichen, vor allem baulichen Investitionen. Sorge bereitete allerdings nach wie vor die Arbeitslosenquote, die im Spätsommer 1990 kreisweit immer noch bei 9,5% lag. Der kurzfristige Nachfrageboom mit seinen günstigen Effekten war allerdings relativ schnell vorbei und machte schon ab 1991 einer „… Stagnation auf hohem Niveau mit rückläufiger Tendenz“ 290 Platz. Hinzu kam, dass sich mit dem sogenannter „Fördergefälle“ – Wegfall der Zonenrandförderung in Hessen und hohe Förderung in Thüringen – ein neues und nicht unerhebliches Problem für unsere Region auftat. Viele Unternehmen, die mit einer Betriebsansiedelung im WerraMeißner-Kreis geliebäugelt hatten, gingen lieber ins benachbarte Thüringen und selbst einige heimische Unternehmen schlossen hier die Tore, nur um ihre Produktion in den neuen Ländern förderbegünstigt wieder aufzunehmen. Hinzu kam der schon angesprochene Strukturwandel, der erst im neuen Jahrtausend nach dem Verschwinden traditioneller Industriezweige (Möbel, Zigarren, Textil) seinen Abschluss fand. Dem standen allerdings auch positive Entwicklungen in der Ansiedelung neuer und vor allem der Sicherung bzw. Erweiterung bestehender Unternehmen gegenüber. Und dies nicht nur lokal begrenzt, sondern in allen Teilen des Kreises. Zu nennen sind hier, um nur einige Beispiele zu nennen, die Firmen Stiebel–Eltron, Friedola, Bode, REGE, H. Angers & Söhne, Seeger Engineering AG und SCA, die nicht nur ihre Produktionspalette erweiterten und dadurch neue Arbeitsplätze schufen, sondern auch weit über die Region hinaus bzw. sogar weltweit hohes Ansehen genießen. Erfreulich auch, dass durch eine beachtliche Zahl an Existenzgründungen im ersten Jahrzehnt nach der Grenzöffnung annähernd eintausend neue Arbeitsplätze geschaffen werden konnten – hier versuchte der Kreis über die WFG durch den Aufbau eines „Gründer und Innovationszentrums“, das im November 2001 in Witzenhausen eingeweiht werden konnte, unterstützend zu wirken. Auch auf finanzieller Ebene war man bestrebt, die Gründung neuer Unternehmen zu unterstützen. So wurde im Mai 1999 in Kooperation mit der Sparkasse Werra – Meißner und den Genossenschaftsbanken des Kreises ein„Wagniskapitalfonds“ ins Leben gerufen, mit dem sich bei aussichtsreichen Unternehmensgründungen fehlendes Eigenkapital durch haftendes Beteiligungskapital der WFG ersetzen ließ und so den Gründerfirmen die Möglichkeit eröffnete, zusätzliches Fremdkapital zu erschließen. Die WFG, die das erste Jahrzehnt ihrer Arbeit als ausschließlich kommunale Gesellschaft geleistet hatte, wurde zur Jahrtausendwende„runder gemacht“, wie es Landrat Dieter Brosey auf der Gesellschafterversammlung im Juli 1999 formulierte. Gemeint war die organisatorische Erweiterung der WFG hin zu den Institutionen der Wirtschaft im Kreis. Sinnbildliches Zeichen dafür war die Erweiterung des Aufsichtsrates mit Vertretern von IHK und Kreishandwerkerschaft sowie den Repräsentanten der heimischen Kreditinstitute. Unter der Maxime „Wirtschaftsförderung könne nur erfolgreich sein, wenn die Kräfte gebündelt werden“ 291 machte man aber nicht nur personell sondern auch räumlich mit dem „Zentrum der Wirtschaft“ in Eschwege deutlich, welch hohen Stellenwert der Bereich Wirtschaftsförderung in der Agenda des Kreises hatte. Als gemeinsame Geschäftsstelle von WFG und IHK – im August 2000 kam noch der Verein für Regionalentwicklung und später auch die „Werratal Tourismus Marketing GmbH“ sowie die Werratal Energie- und Umweltgesellschaft hinzu – war dieses „gemeinsame Haus der Wirtschaft“, wie es IHK – Hauptgeschäftsführer Walter Lohmeier während der Einweihung formulierte, „… ein sehr selbstbewusstes Signal in Richtung der Wirtschaft, aber auch der Wirtschaft, sich präsent zu machen. Die gemeinsame Einrichtung werde neue Akzente setzten bei der Zusammenarbeit. Wirtschaftsförderung ist eine Gemeinschaftsaufgabe, was hier in fabelhafter Weise sichtbar wird.“ 292 Das 1999 eröffnete Zentrum der Wirtschaft beherbergt heute nicht nur die Wirtschaftsförderungsgesellschaft, sondern auch die IHK und den Verein für Regionalentwicklung sowie den FD Abfallwirtschaft und Klimaschutz des WMK. Damals waren auch die Werratal Tourismus Marketing GmbH und die Werratal Energie- und Umweltgesellschaft hier ansässig. 76 DER KREIS IM GEEINTEN DEUTSCHLAND  CHANCE UND HERAUSFORDERUNG 08

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