Chronik Werra Meißner Kreis

hatte und mit dem ersten Tunnelanschlag am 21. September 1990 in die „heiße Phase“ getreten war. Für die Stadt Bad Sooden-Allendorf erinnerte Bürgermeister Erich Giese noch einmal an den jahrelangen Kampf der Oberrieder um die Umgehungsstraße, die letztlich das Leben in ihrem Dorf wieder lebenswert machte. Der Tunnel unter dem Schürzenberg bei Oberrieden war die erste Straßentunnelbaustelle im Werra-Meißner-Kreis. Im Zuge des Baues der A44 sollten und werden ihr noch viele weitere folgen. Die neue Verbindung durch den Tunnel besaß noch einen weiteren positiven„Nebeneffekt“: Die Fahrtzeit von Witzenhausen nach Bad Sooden-Allendorf wurde fast halbiert – wieder war, wie schon nach dem Ausbau der B 27 zwischen Bad SoodenAllendorf und Eschwege (1983/1984), der Werra-Meißner-Kreis ein bedeutendes Stück näher zusammen gerückt. Dauerthema Autobahnbau Als zentrales – und vor allem konfliktbeladenes – Thema innerhalb der Diskussionen um die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur zwischen Hessen und Thüringen kristallisierte sich sehr schnell die Verlängerung der A 44 von Kassel bis zum Anschluss an die A 4 in Herleshausen heraus. Erste Überlegungen zum Bau dieser Strecke gab es schon im Netzplan des Jahres 1927, der eine Autobahnverbindung Dortmund–Kassel–Erfurt mit Anbindung an die Strecke Frankfurt–Leipzig–Dresden–Breslau vorsah. Für die Strecke Kassel–Eisenach wurden Entwürfe erarbeitet und zum Bau freigegeben. Kriegsbedingt kam es jedoch nicht mehr zum Baubeginn. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zwar die Autobahn Dortmund–Kassel gebaut, ihre Weiterführung nach Herleshausen besaß jedoch wegen der Grenze keine Priorität. Ortsumgehungen zur Entlastung der Anwohner, insbesondere im Zuge der B 7 oder die Weiterführung der Autobahn? Das war die zentrale Frage, die Anfang der 90er Jahre politisch heftig diskutiert wurde. Der Lückenschluss wurde schließlich 1991 mit der Nummer 15 in die „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ aufgenommen. „Während andere Verkehrsprojekte Deutsche Einheit zügig umgesetzt wurden, gestalteten sich die Planungen für die A 44 schwierig“, heißt es in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia. Der Streit über die Autobahn stieß auf wenig Verständnis bei den direkt betroffenen Anwohner, die aus ihrem Ärger – wie hier auf einem Plakat in Walburg – keinen Hehl machten. Landrat Dieter Brosey bei einem Ortstermin zur Verkehrsproblematik auf der alten, bedingt durch die Deutsche Teilung nie dem Verkehr übergebenen, Autobahnbrücke bei Wommen. Bereits Anfang der neuziger Jahre war klar, dass hier die A44 an die A4 angeschlossen werden sollte. Im Ergebnis wurde die vor dem Krieg aufgestellte Planung verworfen und die Strecke nicht durch die Söhre, sondern durch das Losse- und Wehretal geführt. Knapp 70 km lang ist die A 44 zwischen Kassel und Herleshausen und wird – wenn sie denn fertig gestellt ist – etwa 1,5 Mrd. Euro gekostet haben. Ein Vierteljahrhundert nach der Grenzöffnung sind lediglich gut 6 km bei Walburg befahrbar, jedoch weitere Abschnitte zwischen Kassel und Hessisch Lichtenau und zwischen Walburg und Waldkappel in Arbeit. Klagen von Naturschutzverbänden mit aufwändigen Gerichtsprozessen hatten für jahrelange Verzögerungen gesorgt. Zeitweise gab es sogar einen Baustopp, um die Planung im Sinne des Naturschutzes nachzubessern. Im 40. Jahr des Bestehens des Werra-Meißner-Kreises ist die A 44 größtes InfrastrukturProjekt der Region Nordhessen. Die Landschaft zwischen der Kreisgrenze bei Helsa und der Landesgrenze bei Herleshausen erlebt ihre größte Veränderung. Aufwändige Brücken- und Tunnelbauten sind landschaftsbedingt eine Herausforderung für die Ingenieure. Wann der Verkehr endlich von Kassel bis Herleshausen über die fertige Autobahn fahren wird, ist aktuell leider immer noch nicht endgültig vorhersehbar. 70 VON DER„SCHNITTSTELLE DER SYSTEME“ IN DIE MITTE EUROPAS 07

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