Chronik Werra Meißner Kreis

Dieser indirekte Aufruf zum Widerstand traf auf offene Ohren: Nicht nur, dass die Presse sich sofort auf die Seite Höhnes schlug – „Der Eschweger Landrat Eitel O. Höhne bläst nun zum Angriff. Und dies zu Recht. Nach zahlreichen internen Verhandlungen möchte er nun die gesamte Bevölkerung des Kreises im Kampf gegen den Kohleabbau auf dem Meißner hinter sich sehen“, konnten die Menschen im Kreis unter der Überschrift„Zu hoher Preis“ am 27. Januar lesen –, auch die angesprochen Bevölkerung scharte sich nun um den Landrat. Am 18. Februar 1977 wurde in Bad Sooden-Allendorf die Arbeitsgemeinschaft „Rettet den Meißner“ gegründet, die unter dem Vorsitz des Landrats in den kommenden Jahren nicht müde wurde, gegen den Kohleabbau zu kämpfen. Sowohl auf politischer Ebene mit dem einstimmigen Beschluss des Kreistages vom 16. Februar 1977 im Rücken 267 als auch medien- und öffentlichkeitswirksam – wie z. B. der Großkundgebung auf dem Meißnerplateau Ende Juni 1977 oder während des Hessentagsfestzuges in Hofgeismar ein Jahr später – ließ man nicht nach und war immer dann zur Stelle, wenn sich Waage auf die Seite der Abbaubefürworter zu neigen drohte. Die Zitterpartie um den Meißner hielt die Region fast ein ganzes Jahrzehnt in Atem, ehe Ende der 80er Jahre der Kohleabbau endlich zu den Akten gelegt wurde. Bis es allerdings soweit war, kosteten die politischen und gesellschaftlichen Diskussionen den Menschen im Werra-Meißner-Kreis noch jede Menge Nerven. Ein Blick in die Schlagzeilen jener Jahre zeigt noch einmal das Wechselbad der Gefühle: „Kohle-Abbau verhindern“ (14.7.1978) /„Unruhe über Braunkohle-Abbau. Landrat Höhne interveniert bei Ministerpräsident Börner“ (13.2.1979) /„Es ist noch nichts verloren“ (24.8.1979) /„Kohleabbau auf dem Meißner: Fronten unversöhnlich“ (25.1.1982)/„Kraftwerk Borken: Kein Kohleabbau am Meißner?“ (13.7.1983). Im Mittelpunkt des Interesses stand der Meißner dann noch einmal anlässlich des 87. Deutschen Wandertages, der im August 1987 im Werra-Meißner-Kreis unter dem Slogan„Gesunde Umwelt-Aufgabe Europas“ stattfand und vielen tausend Besuchern aus ganz Deutschland die Schönheiten von Werratal und Meißnerlandschaft nahe brachte. Die Abschlusskundgebung des Wandergroßereignisses fand auf dem Meißnerplateau statt, und mehr als 3000 TeilnehmerInnen konnten sich noch einmal von der Notwendigkeit des Erhalts der unverwechselbaren Landschaft überzeugen. Neben der Tatsache, dass es gelang, den Meißner vor seiner unvermeidlichen Zerstörung zu retten und damit den nachfolgenden Generationen zu bewahren, hat der gemeinsame Kampf um ihren Berg und seine Natur die Menschen zwischen Sontra, Eschwege, Großalmerode Hess. Lichtenau und Witzenhausen einander näher gebracht und somit ganz wesentlich zur Schaffung eines„Wir-Gefühls“ im Werra-MeißnerKreis beigetragen. Zusammen mit Ministerpräsident Holger Börner (l.) besucht auch der als„Wanderpräsident“ in die Geschichte eingegangene Bundespräsident Carl Carstens den Werra-Meißner-Kreis. Team Landrat „Ein Schlitzohr geht in Pension“, titelte Bild-Hessen am 16. Mai 1988 und portraitierte fast schon liebevoll die Person Eitel O. Höhnes und dessen jahrzehntelanges Wirken als Landrat. HNA und WR gaben sich mit ihren Schlagzeilen„Ein skeptischer Realist nimmt Abschied“ und„Wallmann: Hessen schuldet Eitel O. Höhne Respekt und Dank“ (19. 5.1988) zwar staatstragender, brachten aber mit der persönlichen Würdigung der Person Höhne als „Vaterfigur eines Kreises“ dessen Bilanz als Landrat ziemlich genau auf den Punkt. In Zahlen, Jahren und Funktionen: Der 1922 in Dresden geborene Höhne betrat die politische Bühne 1948, als er erstmals in den Kreistag des damaligen Kreises Eschwege gewählt wurde. Seit 1961 fungierte er als Landrat eben dieses Kreises und von Juni 1974 bis Mai 1988 als erster Landrat des Werra-MeißnerKreises. Zwanzig Jahre lang (1950–1970) vertrat er darüber hinaus als Mitglied des Hessischen Landtages die Interessen seiner Heimatregion in Wiesbaden. 63 SUCHEN UND FINDEN  DER WEG DES KREISES BIS ZUM NOVEMBER 1989 06

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