Chronik Werra Meißner Kreis

Hochwasser ist man an der Werra gewohnt, die Situation im Jahr 1981 war allerdings äußerst schwierig und zum Teil sogar dramatisch. Überall hieß es „Land unter!“ In den beherzten Einsatz der Menschen, zu retten, was zu retten war, mischte sich oftmals Bitterkeit und Fassungslosigkeit. Ohnmächtig ob der Schreckenssituation standen Menschen vor ihrem vernichteten Hab und Gut, viele weinten. (…) Mit Bergepanzern der Bundeswehr versuchten die Soldaten, die Geröllmassen von den zugeschütteten Straßen zu entfernen. Immer wieder wurde dieses Unterfangen durch weitere starke Regenfälle beträchtlich behindert. Die Feuerwehren, z. T. seit über zwölf Stunden im Dauereinsatz, hatten alle Hände voll zu tun, pumpten Keller aus, legten Sandsäcke als Schutz vor weiteren Wassermassen und befreiten eingeschlossene Bewohner aus ihren Häusern.“ 263 Nicht besser sah es im Raum Witzenhausen aus: Die sonst nur kniehohe Gelster wurde zum reißenden Strom und setzte von Laudenbach bis Witzenhausen das ganze Tal unter Wasser. Besonders schwer traf es in dieser Region den Großalmeröder Stadtteil Trubenhausen. Das gesamte südliche Stadtgebiet von Witzenhausen stand durch die Gelsterfluten bis zum Krankenhaus unter Wasser und nur dem stundenlangen Einsatz hunderter Helfer war es zu danken, dass der Bruch des Werradeiches in der Nordstadt verhindert werden konnte. In Bad Sooden-Allendorf traf es das Riedbachtal und Oberrieden am schlimmsten – „Der Ortsteil Oberrieden befindet sich in einem bedenklichen Zustand“, konstatierte Bürgermeister RolfErich Barrie während eines Ortstermins im Gespräch mit der Presse. Allein hier belief sich der Schaden auf über 3 Mio. DM. Hart traf es auch die Landwirtschaft, denn nach vorsichtigen ersten Schätzungen des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung in Eschwege waren mindestens 80 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen im Kreis geschädigt. In einer ebenfalls ersten Schätzung bezifferte Landrat Höhne, der sich am 5. Juni mittels eines mehrstündigen Hubschrauberrundfluges ein Bild über das Ausmaß der Schäden im Kreisgebiet gemacht hatte, die Höhe des Gesamtschadens für den WerraMeißner-Kreis auf ca. 80 Mio. DM. Rettet den Meißner „In der Not alle in einem Boot“: So kommentierte die Lokalpresse die Hilfe der Menschen untereinander und füreinander in den Katastrophentagen des Juni 1981. Dieser Satz könnte aber auch sehr gut als Kapitelüberschrift über dem Abschnitt der Kreisgeschichte stehen, der in der zweiten Hälfe der 70er Jahre ganz maßgeblich durch den Kampf um „unseren Meißner“ geprägt war. Was war geschehen? Auf dem Meißner, mit seiner markanten Form, den weithin sichtbaren Sendemasten und der höchsten Erhebung, der 754 m hohen Kasseler Kuppe, nicht nur optischer Mittelpunkt des Werra-Meißner-Kreises, sollte der seit 1974 eingestellte Braukohletagebau wieder begonnen werden. Der Braunkohlebergbau am Meißner hat eine lange Tradition und reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Urkundlich belegt ist er seit 1571, als der hessische Landgraf Wilhelm IV (1567–1592) erste Untersuchungen auf Braunkohlenflöze durchführen ließ. 61 SUCHEN UND FINDEN  DER WEG DES KREISES BIS ZUM NOVEMBER 1989 06

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