Die von Landrat Dr. Deichmann postulierte„nationale Wiedergeburt Deutschlands“ zeigt sich auch beim Vergleich der beiden hier abgebildeten Fotos der Bürgermeisterdienstversammlungen vom 31.10.1929 (oben) und aus dem Jahr 1936 (unten). Deichmann kooperierte sofort mit den neuen Machthabern; so forderte er die Mitarbeiter des Landratsamtes zur geschlossenen Teilnahme am Fackelzug am 21. März 1933 anlässlich der „nationalen Wiedergeburt des Deutschen Reiches“ auf. 151 Ab dem 30. März prangte die neue Bezeichnung des Schlossplatzes als „Adolf-Hitler-Platz“ am Südflügel des Schlosses. 152 Am 1. April 1933 trat Deichmann der NSDAP bei. Am 20. Juli 1933 wurde der Hitlergruß in der Kreisverwaltung obligatorisch. 153 Am 19. Dezember 1935 gaben die Mitglieder des Kreisausschusses ihre Erklärungen zur bisherigen Tätigkeit ab. Zu diesem Zeitpunkt waren dies: Rudolf von Keudell, August Hohmann, Eduard Weiß, H. Schindewolf und Albert Prach. 154 Die Bewältigung der Finanzkrise und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bestimmten die nur vier Jahre dauernde Amtszeit Deichmanns. Zu seiner Zeit erfolgte die Eingemeindung von Niederhone nach Eschwege und die Vereinigung der beiden Orte Wipperode und Bernsdorf unter dem neuen Namen Vierbach am 1. April 1936. Als Deichmann Ende Oktober 1936 nach Trier versetzt wurde, bescheinigte man ihm eine enge Zusammenarbeit mit der NSDAP und ihren Dienststellen. 155 Bei der Abschiedsfeier am 5. November 1936 erhielt er ein Bild im Wert von 225 RM geschenkt, das durch eine Umlage bei allen Gemeinden des Kreises finanziert wurde. 156 Deichmann blieb bis zum Kriegsende Landrat in Trier und war von 1949– 1958 in der Landesvermögensverwaltung Nordrhein-Westfalen in Koblenz tätig, wo er 1962 verstarb. Sein Nachfolger wurde Dr. Walter Schultz (27.11.1874– 8.8.1953), zunächst kommissarisch, bis am 6. Januar 1937 seine offizielle Einführung stattfand. Hier wird er als einer „der ältesten und bewährtesten Kämpfer des Führers im Gau Kurhessen“ bezeichnet. 157 Er war schon 1925 in die Partei eingetreten und 1927–1928 Gauleiter für Hessen-Nassau Nord gewesen, danach Landrat von Kassel-Land. Erst Anfang März 1937 zog er von Kassel nach Eschwege. Der aus nur noch sechs Personen bestehende Kreisausschuss wählte ihn am 13. März 1937 einstimmig. 158 Der Kreisausschuss bestand aus dem Kreisleiter der NSDAP Eduard Weiß, dem Eschweger Bürgermeister Dr. Alex Beuermann, dem Fabrikanten Karl Artur Israel aus Wanfried, dem Kreisbauernführer Fritz Walter aus Wanfried, dem Landwirt Rudolf von Keudell aus Schwebda und dem Erbhofbauern August Hohmann aus Lüderbach. 159 Schultz wurde bei Kriegsende seines Amtes enthoben und zog im April 1948 nach Oberhone, dann nach Kassel. Kreis Witzenhausen Zum Jahresende 1917 wurde Landrat Dr. Hermann Wolf aus Sulingen definitiv angestellt, 160 nachdem er schon Ende August als Nachfolger feststand und am 1. Oktober 1917 seinen Dienst hier angetreten hatte. Der Kreisausschuss bestand zu Wolfs Amtszeit aus dem Freiherrn von Buttlar, Kammerherrn Erich von Bodenhausen, Forstmeister Wetz, Landwirt Brübach und den beiden Bürgermeistern Müller und Weichel. 161 Am 23. März 1919 musste der Landrat bekanntgeben, dass das Dienstsiegel des Landratsamtes gestohlen worden war, so dass man ein neues beschaffen musste. 162 Schon im April 1919 musste er seinen Dienst wegen Krankheit aufgeben und erhielt sechs Monate Urlaub. Die Zeitung meldete: „Landrat Dr. Wolff ist bis auf weiteres krankheitshalber beurlaubt. Man nimmt an, daß er in sein Amt nicht wieder zurückkehren wird.“ 163 Der Kreistag setzte sich aus 11 Sozialdemokraten, 5 Demokraten und 4 Deutschnationalen zusammen, die im Juni 1919 die sechs Mitglieder des Kreisausschusses wählten. 164 Es waren dies die Bürgermeister Müller, Wickfeldt und Kregelius, der Privatmann Engelmann, Landwirt Wilhelm und Former Vonhof. 165 Freiherr von Verschuer fungierte nun als stellvertretender Landrat und musste eine große Demonstration wegen der Versorgungslage am 17. Juni beschwichtigen. Während seiner Abwesenheit im Juli 1919 musste der Witzenhäuser Bürgermeister Oskar Wickfeldt die Geschäfte des Landrats übernehmen. In seiner Sitzung am 8. August 1919 sprach sich der Kreistag mit 11 Stimmen für Georg Thöne (5.1.1867– 4.5.1945), Parteisekretär der SPD, Mitglied der Nationalversammlung und des Provinziallandtags, als Landrat aus, 9 Stimmen erhielt Bürgermeister Wickfeldt. 166 Bis zum Jahresende 1919 wurde jedoch der Gerichtsreferendar Georg Eschstruth (geb. 2.8.1889) mit der vertretungsweisen Verwaltung des Landratsamtes in Witzenhausen beauftragt. 167 Er verfasste am 8. August 1919 einen Aufruf an die Bevölkerung des Kreises. Gleichzeitig wurde der bisherige Landrat Dr. Wolf zum Regierungsrat ernannt und nach Arnsberg, kurz darauf nach Köln überwiesen. 168 Die Zeitung merkte an: 26 VERWALTUNGSGESCHICHTE DER KREISE ESCHWEGE UND WITZENHAUSEN 18211945 03
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