Ein besonders hohes Konfliktpotenzial entwickelte sich zum Jahreswechsel 2023/2024 um die Haushaltssparbeschlüsse der Bundesregierung, die insbesondere die Landwirte zur Kasse baten und den ohnehin vorhandenen Unmut der Bauern zum Überkochen brachten. Wie überall im ganzen Land gingen bzw. fuhren auch im Werra-Meißner-Kreis die heimischen Landwirte auf die Straße, um gegen die Berliner Beschlüsse zu protestieren. Ob nun Fahrzeugkorso in Eschwege443, eine Schlepperdemonstration von Eschwege nach Witzenhausen444, die Teilnahme an der Kundgebung nordhessischer Bauern in Kassel, 445 eine abendliche Lichterfahrt durch Eschwege446 oder die Teilnahme an der bundesweiten Großkundgebung in Berlin447 – die heimischen Landwirte nutzten über einen ganzen Monat lang die unterschiedlichsten Formen, ihren Protest in die Öffentlichkeit zu tragen. So wurden als Zeichen der Solidarität auch Gummistiefel an vielen Ortsschildern im Landkreis angebracht. Das letzte Wort … … der kleinen Kreisgeschichte der vergangenen zehn Jahre soll, nein muss die Landrätin als Chefin der Kreisverwaltung und Repräsentantin der Menschen im Werra-Meißner-Kreis haben. Im Rückblick auf das Jahr 2023, den sie – verbunden mit dem Ausblick auf 2024 – am 30. Dezember 2023 in einem Pressegespräch mit den lokalen Medien vornahm, wurde Nicole Rathgeber nach ihrem ganz persönlichen Fazit nach Ablauf des ersten Drittels ihrer Amtszeit befragt: „Der Job“, so das uneingeschränkt positive Resümee der Landrätin über ihre ersten beiden Jahre als Schlossherrin im Landgrafenschloss, „ist herausfordernd und vielfältig, macht aber auch viel Spaß.“ Deutlich verhaltener jedoch klang dann ihre Beurteilung der allgemeinen Entwicklung. Der Kreis, in immer stärkerem Maße als „Nothelfer“ zur Bewältigung von Aufgaben herangezogen, für die er weder ausgelegt ist noch die Mittel besitzt, war und ist zunehmend Zwängen ausgesetzt, die mit seinen ureigensten Aufgaben wenig bis gar nichts zu tun haben. Diesbezüglich hofft die Landrätin – und das sicher in Übereinstimmung mit der großen Mehrheit der Menschen im Werra-Meißner-Kreis – „dass wir (…) nicht weiter multiple Krisen bekommen, die uns vor Ort wieder hart treffen. Das würde uns die Chance eröffnen, mehr Zukunftsplanung ins Auge zu fassen, agieren zu können und nicht nur kurzfristig auf Krisen reagieren zu müssen.“448 „Der Werra-Meißner-Kreis mit seinem geografischen Standort in der Mitte Deutschlands hat ein großes Potenzial, welches es weiterhin auszubauen gilt. Eine zentrale Aufgabe in der Zukunft ist dieses Potenzial auch künftig bestmöglich durch die Zusammenarbeit der politischen Entscheider auf allen kommunalen Ebenen unter Zusammenarbeit mit den hier ansässigen Unternehmen und den zahlreichen örtlichen Vereinen und Verbänden – welche der Kitt in unserer Gesellschaft sind – weiterhin zu fördern und auszubauen. Lassen Sie uns unseren Landkreis zu dem Wohn-, Arbeits- und Lebensmittelpunkt werden den wir uns für unsere Zukunft wünschen“, so Landrätin Nicole Rathgeber abschließend. 130 FLUCHT, PANDEMIE UND KRIEG DEKADE DER HERAUSFORDERUNGEN 10
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