Chronik Werra Meißner Kreis

Hygieneregeln betrieben. Die allseits beliebten traditionellen Heimatfeste in Eschwege, Bad Sooden-Allendorf, Witzenhausen, Sontra oder Wanfried und das Open Flair gab es, wenn überhaupt, nur digital, das gesamte kulturelle Leben war bis zum Sommer 2022 regelrecht erstarrt. In den Kliniken wurden die sogenannten„planbaren Operationen“ zwar nicht auf den berühmten St. Nimmerleinstag, aber doch auf eine Zeit„nach Corona“ verschoben. Der Witzenhäuser Teil des Klinikums Werra-Meißner war „Pandemie-Krankenhaus“; Krankenbesuche allerdings waren hier ebenso wie in den anderen Kliniken des Kreises bzw. den Alten- und Pflegeheimen generell nicht mehr erlaubt. Auch nach dem Jahreswechsel 2020/2021 gab die Pandemie den Takt vor, beherrschte Corona das Alltagsleben der Menschen vom ersten Tag an. Zwar gab es mittlerweile den lang erwarteten Impfstoff, aber dieser war noch knapp und im Werra-Meißner-Kreis bald schon vergriffen. Immerhin konnten in einem ersten Block schon einmal etwas mehr als 1.300 Altenheimbewohner bzw. Klinikpatienten in Eschwege, Hessisch Lichtenau und Witzenhausen geimpft werden, aber dann war der Impfstoff auch schon wieder vergriffen und das komplizierte Prozedere der Anmeldung bereitete erheblichen Ärger. Aber auch in einem anderen Zusammenhang sorgte das Impfgeschehen für Unmut: Um nicht unverimpftes Serum vernichten zu müssen, hatten sich Landrat und Erster Kreisbeigeordneter – obwohl sie nicht zur berechtigten Prioritätsgruppe 1 gehörten – am 27. Dezember 2020 im Seniorenheim Birkenhof in Eichenberg impfen lassen, was eine erregte öffentliche Diskussion nach sich zog und zur Bildung eines aus Juristen, Medizinern und Theologen bestehenden kreisweiten „Impfrates“ führte, der bis zur Aufhebung der Priorisierung am 7. Juni 2021 entschied, wer mit evtl. übrig gebliebenen Impfdosen geimpft werden sollte. Festgelegt war durch die Priorisierung bis dahin die Reihenfolge der Impfberechtigten: erst die über 80-Jährigen, dann die Menschen ab 70, dann die über 60-Jährigen. Zwischenzeitlich durften sich auch bestimmte Berufsgruppen und Menschen impfen lassen, deren Tätigkeiten als „systemrelevant“ eingestuft worden waren. Geimpft wurde anfangs in Pflege- und Altenheimen, dann kreisweit durch zwei, später drei mobile Teams sowie stationär ab dem 9. Februar im Impfzentrum Eschwege. Letzteres war übrigens das erste seiner Art in Deutschland und schaffte es dadurch sogar in die Weltnachrichten des amerikanischen Senders CNN. Nachdem dann endlich genügend Impfstoff vorrätig war, begannen auch die niedergelassenen Hausärzte mit den regelmäßigen Impfungen – zu den anfangs angebotenen sogenannten „Sonderimpftagen“ gab es einen solch starken Andrang, dass Wartelisten und Terminvergaben unumgänglich wurden. Mit Hochdruck wurde an der Fertigstellung des Impfzentrums in der Sporthalle des Oberstufen-Gymnasiums in Eschwege gearbeitet. Als dann im Sommer 2021 die Infektionszahlen deutlich sanken, wurden die Zentren geschlossen und das gesamte Impfgeschehen verlagerte sich in die Praxen der Hausärzte. Doch kaum nachdem sich dieses Prozedere eingespielt hatte, brach im Herbst 2021 die sogenannte „4. Welle“ über Deutschland herein und Mitte November entschlossen sich deshalb die Verantwortlichen, im Kreisgebiet wieder vier stationäre Impfzentren in Eschwege, Sontra, Witzenhausen und Hessisch Lichtenau einzurichten. Der Bedarf an Impfstoff und Impfmöglichkeiten war stark gestiegen, was allerdings nicht nur an der vierten Welle, sondern auch an den drastischer werdenden Einschränkungen lag, die ab dem Herbst für Ungeimpfte galten. Trotz aller wissenschaftlichen Fortschritte bzgl. der Entwicklung wirksamer Seren zeigte sich die Pandemie überaus hartnäckig und fast hätte es Ende Januar 2021 sogar eine nächtliche Ausgangssperre für das gesamte Kreisgebiet gegeben – glücklicherweise aber verharrte die Inzidenz unter dem dazu notwendigen Wert von 200, so dass den Menschen vorerst zumindest diese Verschärfung erspart blieb. Regelrecht „eingefroren“ blieb allerdings kreisweit weiterhin jegliches öffentliche Leben, was z. B. auch Absagen für die Parlamentssitzungen in Hessisch Lichtenau, Witzenhausen, Bad Sooden-Allendorf und Großalmerode nach sich zog. 111 FLUCHT, PANDEMIE UND KRIEG  DEKADE DER HERAUSFORDERUNGEN 10

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