Gehe zum Inhalt, überspringe Menüs

 

Geschichte Wolgasts

Wolgast kann auf eine 760-jährige, turbulente Geschichte zurückblicken. Hier wurde 1777 der Maler Philipp Otto Runge geboren, der Begründer der Romantischen Kunst in Deutschland. Hier sind in der Greifen-Kapelle der St. Petri Kirche die letzten Fürsten bestattet, die einst von der Wolgaster Schlossinsel aus Pommern regierten. Hier prägt die Peene-Werft als einer der größten Arbeitgeber das wirtschaftliche Leben und hier halten im Sommer Tausende Touristen in der mittelalterlichen Innenstadt Ausschau nach ihrem perfekten Fotomotiv. Hier lassen sich Paare aus ganz Deutschland im schönen Ambiente des historischen Rathauses trauen.

Wolgasts Gründung geht auf die Besiedlung durch slawische Völkerstämme zurück, die im 8. bis 12. Jahrhundert hier zu Hause waren. Die günstige Lage des Fleckchens an einem Fluss, der ins Meer mündet, war geradezu ideal. Die Wasserstraßen förderten den Handel und damit die Entwicklung der Stadt Wolgast. Nach und nach kamen deutsche Siedlerinnen und Siedler ins Land. Der Streit der Großmächte Polen, Dänemark und Deutschland um die südliche Ostseeküste begleitete das 11. und 12. Jahrhundert. Nach der Christianisierung durch Otto von Bamberg wandelte sich dieses slawische Land zu einem deutschen Herzogtum.

Um 1257 wurde aus dem Siedlungsfleck eine deutsche Stadt mit slawischen Vorstädten. 1295 dann erkoren die Herzöge von Pommern die Insel im Peenestrom zum geeigneten Ort als Hauptstadt Pommerns und bauten hier ihr Residenzhaus. Von hier aus wurde fortan die pommersche Politik mitbestimmt, und es konnte über Jahrhunderte den in der Ostsee auslaufenden Schiffen der Fürstenzoll abgenommen werden. Bis 1747 war dies die einzige Möglichkeit, per Schiff die Ostsee zu erreichen.

Die Herzöge, die bis 1625 auf der Schlossinsel residierten, ließen hier eines der schönsten Renaissance-Schlösser im norddeutschen Gebiet errichten. Aus der Zeit der Reformation 1535 sind die schönsten Zeugnisse dieses Wolgaster Herzoghauses überliefert. Nämlich der etwa 7 x 4 m große Croyteppich, heute im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald zu sehen, die 36-zeilige Gutenberg-Bibel und Vieles mehr. Das Schloss selbst existiert heute nicht mehr. Es wurde 1628 durch die Dänen, anschließend von den kaiserlichen Truppen und schließlich von den Schweden geplündert. Dann wurde es 1675 durch brandenburgische Truppen zur Ruine geschossen, um bis 1840 gänzlich von der Bildfläche zu verschwinden. Zu allem Unglück waren zu Beginn des 17. Jahrhundert die Wolgaster Fürsten ohne männliche Erben verstorben. Das Land fiel Ende des Dreißigjährigen Krieges offiziell an Schweden. Der Wolgaster Teil bis zur Peene im Süden sowie Usedom im Osten blieben bis 1815 beim nordischen Nachbarn.

Unter der Herrschaft der schwedischen Könige erlebte Wolgast seine schwersten Tage. Die ständigen Kriege um die Vormacht in der Ostsee (dem Dreißigjährigen Krieg folgte der Brandenburgische, Nordische, der Siebenjährige Krieg und schließlich die Befreiungskriege) führten zu Stagnation und Verwüstung. Den schlimmsten Tag erlebte die einstige Hauptstadt Pommerns 1713, als sie von den russischen Truppen unter Zar Peter I. als Vergeltung für die schwedische Brandsetzung der Stadt Altona ebenfalls in Schutt und Asche gelegt wurde. Ganze drei Häuser haben den Brand überstanden und nur etwa 50 Einwohnerinnen und Einwohner von einst 3.000 überlebten. Auch folgte ein wirtschaftlicher Tiefschlag für die Stadt dadurch, dass die Insel Usedom Ende des Krieges 1720 an Preußen fiel und nun mit dem Ausbaggern der Swine und Divenow eine eigene Ausfahrt zur Ostsee geschaffen wurde.

Symbol für Bürgerstolz und Wirtschaftskraft der sich entwickelnden Stadt Wolgast war, wie in vielen Städten, das Rathaus, errichtet im 14. Jahrhundert. Reste der gotischen, einst offenen Laubengänge zu beiden Giebelseiten - heute verglast - sind deutlich erkennbar. Aus der Renaissance stammt das ursprünglich bemalte, heute beige gehaltene Band im ersten Stock. Die Fassade des Rathauses verrät noch ein weiteres Stück Geschichte: Im Schicksalsjahr 1713 wurde Wolgast und damit auch das Rathaus fast völlig zerstört. 1720 bis 1724 wieder aufgebaut, trägt es die Spuren des barocken Zeitgeschmacks mit den typischen geschwungenen Formen an der Fassade, der Eingangstür mit Griff und Klopfer aus Messing.

Dass Wolgast sich trotz Zerstörung immer wieder erholte, besonders im 19. Jahrhundert, liegt wohl an der verkehrsgünstigen Lage. Es blühten Handel und Schiffbau, so dass mit Wolgast um 1880 eine Industriestadt mit Betrieben entstand. 1934 wurde die erste Brücke von Wolgast auf die Insel Usedom eingeweiht. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die 1948 gegründete Peene-Werft größter Arbeitgeber, welcher auch die politische Wende 1990 überstand und weiterhin einer der wichtigsten Arbeitgeber vor Ort ist.

Noch heute zeugen viele Bauwerke von der bewegten Geschichte Wolgasts. Neben dem Wolgaster Schloss dominierte auch seinerzeit die St. Petri Kirche die Silhouette der Stadt. Einen interessanten Überblick über die Stadt erhält man vom Turm dieser Kirche. Von hier oben zeigt sich die Stadt umgeben von viel Grün, Wasser, sanierten Gebäuden, Hafenanlagen sowie Großindustrie- und Gewerbegebieten.

Aus welcher Richtung man sich auch Wolgast näherte, immer blickte man auf den gewaltigen Bau, jene einstige Hofkirche der Pommernherzöge. Auf dieser Anhöhe unweit des Peenestroms hatten vermutlich auch schon die Slawen ihren Tempel "Gerovit" geweiht, dem Schutzgott der slawischen Siedler. Die ältesten, noch heute erkennbaren Baureste der ersten steinernen Kirche stammen aus dem 13. Jahrhundert und sind durch ein spitzbogiges Portal mit Wulstprofil an der Südwand des Turmraumes erkennbar. Seit 1295 wurde die St. Petri Kirche, als einzige Pfarrkirche der Stadt, fürstliche Hofkirche. Der heutige Bau des sakralen Gebäudes wurde erst in den 70er Jahren des 14. Jahrhunderts begonnen und Anfang des 15. Jahrhunderts als dreischiffige Basilika fertiggestellt. Spätestens seit 1415, als der erste pommersche Fürst, Wartislaw VIII. hier bestattet wurde, diente die St. Petri Kirche auch als pommern-herzogliche Begräbnisstätte.

Aus dieser Zeit sind die Reste der mittelalterlichen Malereien in den Gewölben und an den Pfeilern des Chorumgangs erhalten. Die Kirche ist mehrfach ausgebrannt. So in den Jahren 1512, 1628, 1713 und am 9. April 1920, als ein Blitz den damals 80 Meter hohen Kirchturm traf. Deshalb besitzt der Turm heute keine barocke Turmhaube mehr, sondern nur ein Zeltdach. Einer der interessantesten Kirchenbauten von Wolgast ist die St.-Gertrud-Kapelle. Sie zählt zu den besonderen architektonischen Kleinodien Pommerns.
Von den ursprünglich über 31 Gertruden-Kapellen ist die Wolgaster Kirche heute die einzige ihrer Art in Vorpommern. Als Nachbildung des heiligen Grabes in Jerusalem wurde die Kapelle auf einer Mittelsäule mit 12 Ecken in Backstein ausgeführt. Ein prächtiges Sterngewölbe ziert die Decke des Kirchenraumes.

Bedeutendster Sohn der Stadt ist der 1777 geborene Philipp Otto Runge. Er gilt heute als Begründer der Romantischen Kunst in Deutschland. Sein Geburtshaus, welches heute ein Museum ist, steht in der Nähe des Hafens. Auch die einstige herzogliche Kanzlei, weitere zwei Kirchen, einige interessante Kaufmannshäuser, die Stadtapotheke, ja sogar ein Bauhausgebäude am Markt und natürlich das stadtgeschichtliche Museum "Kaffeemühle" lohnen einen Besuch. Seit der Wende von 1990 wurden viele Häuser der Innenstadt saniert, eine neue Klappbrücke über die Peene wurde eingeweiht und die kleine Stadt blühte wieder einmal neu auf.