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Teil 13:

Schwerin ist wieder Landeshauptstadt

Mit der BUGA kam der Aufschwung

In vielfacher Hinsicht knüpfte Schwerin nach 1990 an seine historischen Traditionen an. Die folgenreichste Entscheidung fiel bereits am 27. Oktober 1990, als sich die Mehrheit des neugewählten Landtags für Schwerin als Landeshauptstadt des wieder gegründeten Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern aussprach. Landtag und Ministerien bezogen die alten großherzoglichen Repräsentationsgebäude und machten die Stadt wieder zum Verwaltungszentrum des Landes. Die letzten russischen Truppen verließen 1993 die Stadt. Die meisten der von ihnen genutzten Kasernen wurden in der Folgezeit abgerissen. Die Garnison bestand fortan nur noch aus einem in Stern Buchholz stationierten Panzerbataillon, das die Bundeswehr 2007 auflöste. Außer dem Militär verlor auch die Industrie für die Stadt rapide an Bedeutung. Die meisten der auf Beschluss der DDR-Regierung vor allem nach 1970 in Schwerin-Süd mit großem Aufwand errichteten Industriebetriebe überlebten den plötzlichen Wechsel zur Markwirtschaft nicht. Viele gingen in Konkurs oder wurden nach zum Teil mehrfachen Privatisierungen und Eigentümerwechseln dramatisch verkleinert. Tausende von Menschen verloren ihre Arbeit. Viele junge qualifizierte Facharbeiter verließen die Stadt, was in der Folgezeit die Ansiedlung neuer Unternehmen sehr erschwerte. 2001 begann die Stadt mit der Erschließung des Industriegeländes an den Göhrener Tannen, heute Industriepark Schwerin, der sich nach einem eher zähen Beginn seit 2012 einer doch recht regen Nachfrage erfreut.

Immerhin verhinderte die Entscheidung für Schwerin als Landeshauptstadt, dass der Niedergang der Industrie zu ähnlich katastrophalen Folgen führte wie in anderen ostdeutschen Städten. Dass sich die Einwohnerzahl in zehn Jahren um 30 000 verringerte und unter die 100 000-Grenze fiel, sodass Schwerin den 1972 so gefeierten Großstadtstatus wieder verlor, war Ausdruck einer normalen Entwicklung, die auch im Schweriner Umland schnell zur Entstehung eines "Speckgürtels" von Eigenheimsiedlungen führte. Um dem entgegenzuwirken und jungen Familien auch in Schwerin den Bau eines eigenen Hauses zu ermöglichen, wies die Stadt Baugebiete für Friedrichsthal, Neumühle, Lankow, Wickendorf und in der neuen Gartenstadt aus, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Im Stadtteil Krebsförden wurde das bereits 1989 begonnene Neubaugebiet mehrfach erweitert, sodass die Einwohnerzahl dieses Ortsteils auf über 6000 anstieg. Mit der Bebauung des ehemaligen Industriegeländes am Ziegelsee und der bis dahin von Kleingärtnern genutzten Gelände der Alten Waisenstiftung am Schweriner See entstanden unmittelbar am Wasser gelegene attraktive neue Wohngebiete. Der anfänglich sehr ausgeprägte Einkaufstourismus in Lübeck und Hamburg kam durch den Bau der Einkaufszentren am Margaretenhof (1992), Krebsförden (1995) und in der Altstadt am Marienplatz (1998) zum Erliegen. Mit gleich drei angrenzenden Einkaufszenten entwickelte sich der Marienplatz, der auch im Schnittpunkt der Nahverkehrslinien lag, immer mehr zum innerstädtischen Zentrum, während der altstädtische Markt diese Funktion gänzlich verlor. Die durchgängige Sanierung der 1989 vom akuten Zerfall bedrohten historischen Bausubstanz vom Schloss bis zu den Fachwerkhäusern in der Schelfstadt machte die Innenstadt wieder zu einem begehrten Wohnstandort. Problematisch hingegen war die Situation in den von den besserverdienenden Mietern zunehmend verlassenen Plattenbaugebieten auf dem Großen Dreesch. Trotz umfangreicher Sanierungen kennzeichneten hohe Wohnungsleerstände und soziale Konflikte diese Stadtteile. 1999 wurde das erste Hochhaus abgerissen, dem bald weitere folgen sollten.

Wichtige Impulse für die Stadtentwicklung setzt die Bundesgartenschau 2009 - mit 1,86 Millionen Besuchern und einem Gewinn von 5 Millionen Euro wird die Veranstaltung ein großer Erfolg.

Der Schwung hält an: 2010 feiert die Stadt am 5. Juni ihr 850-Jähriges Gründungsjubiläum: Den 3000 Mitwirkenden des Festumzugs jubeln 200 000 Zuschauer zu.

Die Schweriner Stadtpolitik wurde anfangs von einer von Bürgermeister Kwaschik (SPD) geführten großen Koalition aus SPD, CDU, FDP, Grünen und Neuem Forum getragen. Nur die PDS, die sich in Schwerin wie in den anderen Bezirkshauptstädten als recht stark erwies, wurde nicht beteiligt. Nachdem bei den folgenden Kommunalwahlen 1994 die FDP und das Neue Forum nicht mehr die nötigen Stimmen erhielten, übernahmen SPD und CDU allein die Stadtregierung. In der ersten Direktwahl eines Oberbürgermeisters am 28. April 2002 setzte sich schließlich der CDU-Kandidat Norbert Claussen mit 58 Prozent der Stimmen in der Stichwahl deutlich gegen seinen Konkurrenten von der PDS durch. CDU, SPD und PDS stellten in der neuen Stadtspitze jeweils einen Beigeordneten, sodass nur die Grünen als Opposition im Stadtparlament verblieben. 2008 wurde Claussen dann durch einen Bürgerentscheid abgewählt. Neue Oberbürgermeisterin wurde Angelika Gramkow (Die Linke). CDU und SPD stellten jeweils einen Beigeordneten. Seit 2016 werden die Stadtgeschäfte von Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier (SPD) geführt.