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7. Bauen und Klimaschutz

7.1 Was hat Bauen mit Klimaschutz zu tun?

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die Erdatmosphäre durch menschen-verursachte Treibhausgasemissionen erwärmt wird. Der globale Klimawandel ist damit nicht mehr nur eine Diskussion auf hohen politischen und wissenschaftlichen Ebenen, sondern Realität - global bis lokal. Der Klimawandel wirkt sich auf alle Bereiche des menschlichen Lebens aus und wird unsere Lebensbedingungen verändern. Um diese Veränderungen möglichst gering zu halten, muss Klimaschutz in alle Handlungsfelder integriert werden, um unnötige Emissionen zu vermeiden. Das Potential dafür ist sowohl bei Unternehmen, der Verwaltung als auch Privatpersonen vorhanden.

Ein wichtiger Teilbereich ist der Bau- und Wohnsektor. In Nordhorn sind fast 40% der CO²-Emissionen auf private Haushalte zurückzuführen. Das zeigt das Klimaschutzkonzept der Stadt Nordhorn.Daher ist auch das Einsparpotential in diesem Bereich enorm. Dies gilt sowohl für Neubauten als auch für die Sanierung von Altbauten.

7.2 Klimaschutz bei Neubauten

Beim Neubau von Gebäuden ist die Integration effektiver Klimaschutzmaßnahmen vergleichsweise einfach zu erreichen. Von Beginn an sollte die Planung des Neubaus die Themen der Energieeffizienz und Energiesuffizienz - also das Einsparen von Energie - berücksichtigen. Die energetischen Ansprüche an Neubauten sind mittlerweile sehr hoch. Sie werden durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) festgelegt. Dabei geht es vor allem um die Reduzierung des Primärenergiebedarfs und die Nutzung erneuerbarer Energien. Neubauten, die aktuell die Ansprüche der EnEV erfüllen, haben einen Energiebedarf von etwa 60 bis 70 kWh/m2a (Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr). Allerdings muss bei der Planung eines Neubaus auf die sich verschärfenden Anforderungen der EnEVs geachtet werden. Wenn ein Neubau den Anforderungen nur knapp entspricht, wird er in ein paar Jahren bereits bautechnisch überholt sein. Ab 2016 werden für die EnEV rund 25 % höhere Anforderungen gelten als bisher.

Ein wichtiger Aspekt des ökologischen und klimafreundlichen Bauens ist die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen. Dies umfasst Stoffe auf pflanzlicher und tierischer Basis. Der Klimaschutzaspekt liegt darin, dass pflanzliche Rohstoffe das Kohlendioxid speichern, welches die Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommen haben, und außerdem nur wenig Energie in ihrer Gewinnung benötigen. Des Weiteren haben nachwachsende Rohstoffe positive Einflüsse auf die menschliche Gesundheit, da sie keine Schadstoffe und deren Allergene enthalten.

Nachwachsende Rohstoffe können an allen Bauteilen eingesetzt werden: von der Konstruktion über die Fassade zu Fenstern und Türen, am Dach, als Dämmstoff, als Fußböden, Farben und Öle, Möbel bis hin zur Gartengestaltung - und natürlich für die Energiegewinnung.

7.3 Bauen im Bestand

Auch beim Bauen im Bestand, also beim Sanieren und Aufrüsten von schon bestehenden Bauten, ist die Beachtung von Klimaschutz und Energieeffizienz möglich und sinnvoll. Dabei sind zwei Hauptbestandteile von besonderem Interesse: die Dämmung und Reduzierung von Wärmebrücken in der Gebäudeaußenhülle und die Heizanlage.

Es ist es oft energetisch und wirtschaftlich sinnvoll, ältere Heizanlagen gegen neue auszutauschen, die den neuesten Stand der Technik wiederspiegeln. Dabei sollten Effizienz, eine eventuelle Nutzung des Brennwertes und der mögliche (anteilige) Einsatz erneuerbarer Energien beachtet werden.

An der Außenhülle können zum einen die Fassade oder das Dach gedämmt und zum anderen die Fenster erneuert werden. Dies erfolgt beispielsweise durch das Einsetzten dreifachverglaster Fenster oder auch von Kastenfenstern, die von Innen gegen die bestehenden Fenster gesetzt werden. Wände können von außen oder innen gedämmt werden - was die geeignete Variante ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Bei Dämmmaßnahmen in der Gebäudehülle ist darauf zu achten, dass die Wechselwirkungen des gesamten Gebäudes berücksichtigt werden. Sonst kann es beispielsweise zu Bauschäden durch erhöhte Feuchtigkeit im Gebäude kommen. Daher ist es empfehlenswert sich durch eine Energieberatung unterstützen zu lassen.
Dämmmaßnahmen haben das Potential, den Wärmebedarf des Hauses und somit auch die Energiekosten stark zu senken. Darum sind Sie in der Regel wirtschaftlich sinnvoll.

7.4 Einsatz erneuerbarer Energien

Der Einsatz erneuerbarer Energien am eigenen Gebäude zur Erzeugung von Strom und Wärme hat viele Vorteile. Neben den Emissionseinsparungen liefert die eigene Produktion von Energie Unabhängigkeit von steigenden Energiepreisen. Zusätzlich kann überschüssige Energie ins Netz eingespeist werden, sodass sogar ein Zusatzeinkommen entsteht.

Besonders häufig verwendet werden Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung und Solarthermieanlagen zur Warmwassergewinnung. Ein hocheffizienter Pelletofen kann zur Wärmeerzeugung mit Holzpellets genutzt werden. Dabei sollte allerdings auf die nachhaltige und regionale Beschaffung der Holzpellets geachtet werden, um nicht zu einer großflächigen Abholzung von Waldflächen beizutragen.

Gerade bei Neubauten kann aber auch Geothermie zur Wärmegewinnung eingesetzt werden. Beim Neubau von größeren Wohnsiedlungen eignet sich auch eine gemeinsame dezentrale Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien. Dabei können beispielsweise größere Geothermieanlagen, die Nutzung von Abwasserwärme oder der Anschluss an eine nahegelegene Biogasanlage als nachhaltige Energiebeziehung dienen.

Wenn der Einsatz von regenerativen Energien am eigenen Haus nicht möglich ist, kann als Alternative Ökostrom bezogen werden.

Bei einem Neubau besteht zusätzlich die Möglichkeit eine nachhaltige Wasserwirtschaft zu berücksichtigen. So können beispielsweise Grau- und Schwarzwasserkreisläufe voneinander getrennt werden, um wenig-verschmutztes Wasser erneut z. B. zum Beispiel für die Toilettenspülung zu nutzen. Gleiches gilt für das Sammeln von Regenwasser.

Darüber hinaus können Dächer und Fassaden begrünt werden, um den natürlichen Regulierungseffekt von Grünflächen auch in dicht versiegelten Städten nutzen zu können. Dachbegrünungen können unter anderem bei den durch den Klimawandel zunehmenden Starkregenereignissen dazu dienen, die großen Wassermengen aufzunehmen. So entsteht kein Wasserstau. Außerdem können sie dem Wärmeinseleffekt in Städten und somit den durch den Klimawandel verstärkt auftretenden Hitzewellen entgegenwirken.

Zusätzlich wirken sich Gebäudebegrünungen auch positiv auf die Luft aus und speichern Kohlenstoffdioxid. Dadurch tragen sie wiederum zum Klimaschutz und der menschlichen Gesundheit bei. Fassadenbegrünungen dienen darüber hinaus zur sommerlichen Verschattung der Gebäudehülle, wodurch das Gebäude gekühlt wird und eine etwaige Klimaanlage überflüssig wird. Im Winter, wenn die Pflanzen ihre Blätter verloren haben, kann das Sonnenlicht ungehindert in das Gebäude strömen und zusätzlich bilden die Pflanzen eine extra Dämmschicht, die den Heizbedarf verringert.

7.5 Wirtschaftlichkeit und Lebenszyklus

Oft gibt es wegen vermeintlicher Mehrkosten bei privaten Bauherren/innen Hemmungen, erneuerbare Energien einzusetzen oder ein Gebäude energetisch sanieren zu lassen. Um die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens zu beurteilen, muss allerdings eine umfangreiche Betrachtung der Kosten erfolgen. Sich allein auf die Anschaffungskosten zu konzentrieren, reicht dabei nicht aus. Wenn ein Haus auf einen hohen Energieeffizienzstandard gebracht wird, entstehen sowohl beim Neubau als auch beim Sanieren zunächst höhere Investitionskosten. Diese werden sich allerdings durch den anschließend verringerten Energiebedarf des Gebäudes amortisieren.

Beispielsweise entstehen beim Neubau eines Passivhauses meist nur 5-10 % höhere Baukosten als bei einem Neubau nach aktuellen EnEV-Vorgaben. Wie lange genau die Amortisierungsdauer ist, kann durch eine genaue Gegenüberstellung der Investitionskosten, der zu erwartenden Energiebedarfe, die Entwicklung der Energiepreise und der bestehender Fördermaßnahmen zu Energieeffizienz errechnet werden. Beim Einsatz erneuerbarer Energie sind unbedingt zu erwartende Preisänderungen des bisherigen Energieträgers (z. B. Erdgas oder Heizöl) gegenüber des erneuerbaren Energieträgers einzuberechnen, sowie die Wartungskosten der alten und neuen technischen Anlage.

Ähnliches gilt beim Bau mit nachwachsenden Rohstoffen. Wenn nachwachsende Rohstoffe beispielsweise in Form von Dämmmaterialien, Fußböden oder Naturfarben eingesetzt werden, kann es zu Mehrkosten kommen. Gleichzeitig weisen diese Produkte aber auch einen Mehrwert an Nachhaltigkeit, Bau- und Nutzungsqualität auf.

Über den Lebenszyklus gerechnet werden sich die meisten solcher Investitionen wirtschaftlich lohnen, zumal dafür zusätzlich viele Förderungen und Vergünstigungen zur Verfügung stehen (siehe "Kapitel 11" und www.nordhorn.de/Klimaschutz). Aus diesen Gründen sind die Verringerung des Energiebedarfs eines Hauses, eine effiziente Heiztechnik und der Einsatz erneuerbarer Energiequellen fast immer sinnvolle Baumaßnahmen und sollten bei jeder baulichen Planung beachtet werden.

7.6 Checkliste klimagerechtes Bauen

Um klimagerecht zu bauen, sollten Sie die folgende Checkliste beachten:
  • Habe ich mich von einem kompetenten Energieberater beraten lassen?

  • Wurde das Gebäude als Gesamtkonstrukt betrachtet und nicht nur einzelne Bauteile auf ihre energetischen Eigenschaften geprüft?

  • Kann ich für die Energieerzeugung in meinem Gebäude erneuerbare Energien verwenden?

  • Welche nachwachsenden Rohstoffe kommen für den Bau meines Hauses in Frage?

  • Habe ich bei der Kostenberechnung den Lebenszyklus der Produkte sowie die Wartungs- und Energiepreise berechnet und nicht lediglich die Anschaffungskosten?

  • Werden der Dämmstandard der Außenwände und die Qualität der Fenster auch zukünftig den Ansprüchen der EnEV entsprechen?

  • Ist meine Baumaßnahme auch unter sich wandelnden klimatischen Bedingungen in dieser Ausführung sinnvoll?

Weitere Auskünfte zum Thema Bauen und Klimaschutz erteilt das Amt für Stadtentwicklung unter der Telefon 05921 878-285.