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Das Baurecht im Überblick

Das öffentliche Baurecht besteht aus zwei Teilbereichen, dem Bauplanungsrecht (Bundesgesetzgebung) und dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht. Für die Umsetzung eines Bauvorhabens gilt es also, die Vorschriften und Maßgaben sowohl des Bauplanungs- als auch des Bauordnungsrechts zu beachten. Dazu kommen noch öffentlich-rechtliche Vorschriften des Baunebenrechts.

Bauplanungsrecht
Im Gegensatz zum Bauordnungsrecht, welches sich damit befasst, wie ein Grundstück bebaut werden kann, regeln die Bestimmungen des Bauplanungsrechts die Frage, ob ein Grundstück überhaupt bebaut werden darf. Die entsprechenden Regelungen finden sich im Baugesetzbuch (BauGB), der Baunutzungsverordnung (BauNVO) und einer Reihe anderer baurechtlicher Nebengesetze.

Bauordnungsrecht
Das Bauordnungsrecht auf Länderebene regelt bautechnische Anforderungen an die Bauvorhaben und befasst sich mit der Abwehr von Gefahren, die von der Errichtung und Nutzung baulicher Anlagen ausgehen. Um das zu erreichen, bestimmt das Bauordnungsrecht die Lage, Zugänglichkeit und die Freiflächengestaltung auf dem Baugrundstück sowie die bauliche Ausführung. Neben sicherheitstechnischen Anforderungen z. B. zum Brandschutz enthält es gesundheitshygienische und städtebauliche Vorschriften. Dazu gehören auch Regelungen zum Baugenehmigungsverfahren und zur Bauaufsicht.

Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan stellt in Grundzügen die zukünftige Art der Bodennutzung für ein Gemeindegebiet dar und ist ein vorbereitender Bauleitplan. Im Flächennutzungsplan werden für die Bebauung vorgesehene Flächen, Flächen für Verkehrsanlagen, Gewerbegebiete, Grünflächen, aber auch Flächen für Landwirtschaft und Waldflächen ausgewiesen. Basierend auf dem Flächennutzungsplan werden Bebauungspläne entwickelt.

Bebauungsplan
Bebauungspläne enthalten, auf Grundlage des Flächennutzungsplans, verbindliche Festsetzungen, die bestimmen, wie die Grundstücke bebaut werden können. Dabei wird die Art der Nutzung, z. B. Gewerbe oder Wohnraum, das Maß der Nutzung, z. B. Höhe, Geschossflächen- und Geschossanzahl, die bauliche Gestaltung, z. B. Dachneigung, die überbaubaren Flächen und die Erschließung festgelegt. Die Planungshoheit liegt dabei in den Händen der Gemeinden, gleichzeitig soll die umfassende Beteiligung aller Betroffenen und der Öffentlichkeit sichergestellt werden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind die Bürger daher während der einmonatigen Planoffenlage an der Planung zu beteiligen.

Bebaubarkeit

Ein Grundstück ist nach § 30, § 34 und § 35 BauGB bebaubar, wenn
  • es im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt,

  • das Bauvorhaben im Einklang mit dessen Festlegungen liegt,

oder
  • es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt,

  • es sich nach baulicher Nutzung, Bauweise und überbauter Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird,

oder
  • es zwar im Außenbereich liegt, aber einem sogenannten "privilegierten Vorhaben" (z.B. einem landwirtschaftlichen Betrieb) dient.

Im Außenbereich können zusätzlich zulässig sein:
  • Ersatzbauten für zulässigerweise errichtete Gebäude.

  • Nutzungsänderungen bei Gebäuden, die das Bild der Kulturlandschaft prägen.

  • Familiengerechte Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes.

  • Angemessene Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs.

Darüber hinaus muss in jedem Fall die Erschließung des Grundstücks gesichert sein. Das bedeutet, Zugang zum öffentlichen Straßennetz, Anschluss an die Versorgung mit Elektrizität und Wasser sowie Anschluss an die öffentliche Abwasserkanalisation.

Grundstückskauf
Wer den passenden Bauplatz gefunden hat, sollte beim Grundstückskauf einige Dinge beachten. Eine Erstorientierung über den Wert des Grundstücks können die Bodenrichtwerte liefern. Diese werden vom Gutachterausschuss für Immobilienwerte für den Bereich der Stadt Marburg im 2-Jahres-Rhythmus aktualisiert und können im Internet unter dem Stichwort "BORIS Hessen" auf der Seite www.hvbg.hessen.de kostenfrei abgerufen werden. Darüber hinaus sollte vor dem Kauf geklärt werden, ob Einschränkungen für die Bebauung bestehen. Wichtiges Kriterium ist u. a. die Untergrundbeschaffenheit; ein hoher Grundwasserspiegel oder felsiger Untergrund können beispielsweise die Bauvorbereitungskosten stark erhöhen. Durch Altlasten, z. B. durch frühere industrielle Nutzung des Geländes, können Grundstücke mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sein. Auch der Blick in das Baulastenverzeichnis empfiehlt sich. Entscheidend für die Qualität eines Baugrundstücks ist natürlich vor allem die Lage. Hier spielen das Umfeld, vorhandene Infrastruktur, ÖPNV, die Erreichbarkeit von Arbeitsplatz, Schulen, Kindergärten und Supermärkten eine wichtige Rolle. Bauentwicklungspläne verschaffen Klarheit darüber, ob in der Nähe des Wunschgrundstücks Straßenbaumaßnahmen u. ä. geplant sind oder wie die weitere Wohnsiedlungsentwicklung vorgesehen ist. Wichtig ist auch die Frage, ob das Haus auf dem Grundstück möglichst windgeschützt und unverschattet liegt und sich die Bebauung nach Süden ausrichten lässt, um möglichst viel Sonnenenergie nutzen zu können.

Achtung, Nebenkosten: bei jedem Grundstückskauf kommen neben den reinen Grundstückskosten noch Nebenkosten dazu. Dies sind die Grunderwerbssteuer, die Notariats- und Grundbuchkosten, etwaige Teilungs- und/oder Vermessungsgebühren und unter Umständen die Maklerprovision.

Baugenehmigungspflicht
Die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen sind genehmigungspflichtig. Einige Bundesländer haben inzwischen die so genannte Genehmigungsfreistellung eingeführt, die regelt, dass kleinere Wohnbauvorhaben innerhalb eines Bebauungsplangebiets genehmigungsfrei errichtet werden können. Die vollständigen Antragsunterlagen sind aber dennochbei der zuständigen Baubehörde einzureichen.

Auch bei möglicher Genehmigungsfreistellung kann der Bauherr verlangen, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt wird.

Vorteil des genehmigungsfreien Verfahrens ist, dass schneller mit dem Bau begonnen werden kann und keine Gebühren anfallen. Zusätzlich wird unterschieden zwischen dem vereinfachten Genehmigungsverfahren (Regelverfahren) und dem Voll- oder Normalverfahren (große Sonderbauten).

Verstöße gegen baurechtliche Bestimmungen können die Baustillegung, eine Beseitigungs- und Nutzungsuntersagungsverfügung und Bußgelder zur Folge haben.

Verfahrensfreie Vorhaben
Für bestimmte bauliche Maßnahmen ist ein Bauantrag nicht erforderlich. Die Vorgaben für verfahrensfreie Bauvorhaben variieren je nach Bundesland. Auch wenn Baumaßnahmen genehmigungsfrei sind, müssen selbstverständlich die Anforderungen des öffentlichen Baurechts eingehalten werden. Bestehen seitens des Bauherrn Zweifel, ob eine von ihm beabsichtigte Baumaßnahme genehmigungsfrei ist, kann er vor Ausführung der Maßnahme eine Auskunft der zuständigen Bauaufsichtsbehörde einholen. Eine Auflistung genehmigungsfreier Vorhaben findet sich in den jeweiligen Landesbauordnungen.

Der Bauantrag
In Deutschland werden die Vorgaben für den Bauantrag durch die Bauordnung und die Bauvorlagenverordnung des jeweiligen Bundeslandes geregelt. Für das Erstellen eines Bauantrags ist in der Regel ein planvorlageberechtigter Entwurfsverfasser, zumeist Architekt oder Bauingenieur, erforderlich, der Baupläne und Berechnungen anfertigt.

Vor dem eigentlichen Bauantrag kann zunächst eine Bauvoranfrage gestellt werden. Das empfiehlt sich, wenn vor dem Kauf eines Grundstücks geklärt werden soll, ob das Grundstück auch wirklich in der geplanten Form bebaut werden darf.

Zum Bauantrag gehören in jedem Fall
  • das ausgefüllte und vom Bauherrn und Planvorlageberechtigten unterzeichnete Bauantragsformular,

  • ein Lageplan auf Grundlage einer amtlichen Flurkarte, in die vom Planer alle wichtigen Angaben zum Bauvorhaben einzuzeichnen sind,

  • Bauzeichnungen im Maßstab 1:100, in denen alle für eine Beurteilung wichtigen Angaben, insbesondere Grundrisse, Schnitte und Ansichten mit Vermaßung, aufzuführen sind,

  • eine Baubeschreibung mit Angaben zur Nutzung, Statik, Wärme- und Schalldämmung, Grundstücksentwässerung, verwendeten Baustoffen, Berechnung der bebauten Fläche und Grund- und Geschossflächenzahl, Rohbau- und Gesamtbaukosten, Berechnung des umbauten Raums, Wohnflächenberechnung und zur Freiflächengestaltung mit PKW-Stellplätzen.

Auf die Vollständigkeit der Unterlagen des Bauantrags muss unbedingt geachtet werden, ansonsten besteht die Möglichkeit, dass die Baugenehmigungsbehörde den Bauantrag zurückweist beziehungsweise die Nachreichung von Unterlagen verlangt. Die Bearbeitung erfolgt oftmals erst dann, wenn alle Unterlagen vollständig bei der Genehmigungsbehörde vorliegen.

Die Baugenehmigung
Die Baugenehmigung ist ein schriftlicher Bescheid, mit dem bestätigt wird, dass dem eingereichten Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Es besteht ein Rechtsanspruch auf die Baugenehmigung, sofern alle rechtlichen Vorgaben erfüllt sind. Erst nach der Erteilung der Baugenehmigung darf mit dem Bauvorgang begonnen werden.

Das Baugenehmigungsverfahren dient der Sicherheit der späteren Nutzer, Nachbarn, Passanten und Besucher und gibt dem Bauherrn Rechts- und Investitionssicherheit.

Die Baupläne, die zur Baugenehmigung gehören, können unter Umständen Eintragungen in grüner Farbe enthalten. Dies sind Korrekturen der eingereichten Pläne, die bei der Bauausführung unbedingt zu beachten sind. Diese so genannten "Grüneintragungen" muss der Bauherr unbedingt mit dem Bauunternehmer besprechen. Die Nichtbeachtung der Grüneintragungen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann Bußgelder oder den Rückbau zur Folge haben.

Die genehmigten Baupläne einschließlich aller Unterlagen müssen vom Beginn der Bauarbeiten an auf der Baustelle vorhanden sein. Dazu muss der Bauherr ein von der Bauaufsichtsbehörde ausgestelltes Baustellenschild anbringen, das die Bezeichnung des Bauvorhabens, Namen und Anschriften des Architekten oder Bauingenieurs, des Bauleiters sowie des Bauherrn enthält.

Gebühren
Die Gebührensätze für Baugenehmigungen sind überwiegend landeseinheitlich festgelegt und beziehen sich auf Rohbaurichtwerte. Hinzu kommen weitere Faktoren, die zur Berechnung der Baugenehmigungsgebühr berücksichtigt werden.

Die wichtigsten Faktoren für die Gebührenberechnung sind:
  • Gebührenordnung der zuständigen Gemeinde.

  • Gebührenordnung der Baubehörde.

  • umbauter Raum des Hauses.

  • evtl. zusätzlich genehmigungspflichtige Gebäude, wie z. B. Garagen.

  • Wert des Gebäudes bzw. Rohbaukosten.

  • Baugenehmigung oder Bauanzeige.

  • Sondergenehmigungen für Überschreitung der GFZ/GRZ (Geschossflächenzahl/Grund-flächenzahl).

..., wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt
Sind Nachbarn mit einem Bauvorhaben nicht einverstanden, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass aus diesem Grund keine Baugenehmigung erteilt werden kann. Maßgebend dafür ist allein, ob das Bauvorhaben den geltenden Bauvorschriften entspricht. Nur wenn das geplante Bauvorhaben eine Abweichung von nachbarschaftlichen Vorschriften, insbesondere was die Einhaltung von Abstandsflächen oder den Immissionsschutz beinhaltet, ist der Bauherr auf das Einverständnis der betroffenen Nachbarn angewiesen. Nachbarn sind damit in der Lage, durch Einlegen von Rechtsmitteln gegen die Baugenehmigung Aufwand und Kosten zu verursachen. Zu Bedenken ist dabei sowohl als Bauherr als auch als Nachbar: sich arrangieren ist besser als prozessieren, damit eine Nachbarschaft entstehen kann, in der man sich viele Jahre lang wohlfühlt. Auch bei verschiedenen Positionen und Interessenlagen sollte eine Kompromisslösung angestrebt werden.