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"Friedchen" Schnattergänse

"Friedchen" und die Schnattergänse

Eine Ur-Vilbelerin erzählt aus ihrem Leben - ihr Haus ist immer noch Treffpunkt

Bad Vilbel - Als Elfriede Dammel am 14. November 1927 in der Frankfurter Straße 2 das Licht der Welt erblickte, war die jetzige Einkaufsstraße der Quellenstadt noch von Bauernhöfen und Mineralwasserbetrieben geprägt. Sowohl die Umgebung als auch die Politik beeinflusste zunächst auch ihren Werdegang: Nach der Volksschule stand erst einmal ein Pflichtjahr an, das die Nationalsozialisten 1938 mit der "Anordnung zur Durchführung des Vierjahresplans über den verstärkten Einsatz weiblicher Arbeitskräfte in der Land- und Hauswirtschaft" für alle Frauen unter 25 Jahren eingeführt hatten. Damit sollten die Mädchen auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet werden.

Für "Friedchen", wie sie von den Freundinnen und Freunden genannt wird, hieß es jetzt ein Jahr Einsatz beim Bauern: "Feldarbeit und Schweine füttern. aber wir haben viel gelernt. Es hat Schweiß gekostet, aber auch viel Spaß gemacht", blickt sie auf das Kriegsjahr 1942 zurück. Aber auch die Schrecken des Krieges erlebte sie dann hautnah: "Grauenvoll war der Bombenhagel am 2. März 1944. Ich zitterte im Bunker in der Frankfurter Straße gemeinsam mit vielen Frauen und Kindern. Die Angst war groß". An diesem Tag starben rund 50 Menschen der damals 4000 Einwohner zählenden Gemeinde, viele Häuser wurden zerstört.

Nach dem Krieg begann Friedchen eine Lehre als Näherin, später arbeitete sie in einer Zigarettenfabrik in Frankfurt-Enkheim. Beim Tanzen lernte sie Emanuel kennen, seit 1948 heißt sie Schmidt. Acht Jahre später kam die Tochter zur Welt, die ihren Namen der Hebamme verdankt. Denn da alle mit einem Buben rechneten, hatte sich das Paar schon auf den Namen Emanuel vorbereitet. Die Hebamme gab schließlich den Tat: "Manuela ist doch auch schön". So geschah es.

Fast 30 Jahre, bis 1987, arbeitete Friedchen, die 1962 mit Emanuel in der Hanauer Straße (vilbelerisch "Haanegass") ein Haus gebaut hatte, als Verkäuferin im Lebensmittelgeschäft von Ilse Garmatz in der Frankfurter Straße. Ihre Lebensfreude und Kontaktbereitschaft machte sie nicht nur bei Kunden beliebt, ihr Haus war und ist in der "Haanegass" weiterhin ein beliebter Treffpunkt.

Hier gründete sie 1980 den Frauenklub "Die Schnattergänse": "Damals waren wir 20", berichtet Friedchen, "jetzt sind wir noch zu fünft". Bei Kaffee und Kuchen wird aber immer noch jeden Monat einmal geschnattert. 1987 hob sie zudem als treibende Kraft das Haanegässer Straßenfest ins Leben. Es wird auch heute noch gefeiert, freilich in kleinerem Rahmen als früher.

Als Emanuel, der 60 Jahre in der SPD war, 2014 starb, übernahm Friedchen dessen Mitgliedschaft. Und sie lässt es sich nicht nehmen, immer noch bei den von der Partei angebotenen Tagestouren dabei zu sein: "Reisen und Gesellschaft hält jung", das bleibt Friedchens Motto.