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Wenn die Kirche klingelt

Wenn die Kirche klingelt

Geburtstagsbesuche der Bad Vilbeler Gemeinden bringen Freude und Abwechslung

Bad Vilbel - "Schön, dass Sie wieder an mich gedacht haben", bedankt sich Christine Reichard über den Geburtstagsbesuch von der Vertreterin ihrer evangelischen Kirchengemeinde Dortelweil. In diesem Jahr ist die Freude besonders groß: Ist es doch die langjährige Gemeindeschwester Jutta Behrens, die ihr zum 86. Geburtstag gratuliert und eine Kerze mit der Aufschrift "Der Herr ist mein Hirte" überreicht.

Solche Besuche sind wichtig, denn sonst finden sich für die älteren Bürgerinnen und Bürger doch eher zu wenige Gelegenheiten, um mit anderen Menschen zu reden und sich auszutauschen. Oft ist es schon der tägliche Einkauf, der diese Generation vor große Probleme stellt. Frau Reichard hat das große Glück, dass ihre Tochter in der Nähe lebt und ihr dabei hilft.

Das Thema Versorgung spricht die Dortelweiler Witwe beim Besuch auch gleich als erstes an. Sie berichtet vom fortschreitenden Niedergang der kleinen Geschäfte in dem Bad Vilbeler Ortsteil, wo "man früher fast alles lebensnotwendige bekommen konnte." Jetzt schließe auch noch der Friseur, was für viele in ihrer Umgebung eine erneute Veränderung mit sich bringe, so ihre Klage.

Die 80jährige Jutta Behrens kann die Sorgen und Nöte der älteren Gemeindemitglieder gut verstehen und nachvollziehen. Neben den Einkaufsmöglichkeiten und der Erreichbarkeit der Ärzte sind es immer wieder Kindheitserinnerungen, Erfahrungen mit Vertreibung und Flucht, Entbehrungen während des Zweiten Weltkrieges sowie der Verlust von Angehörigen, die die Gespräche während der Besuche bestimmen. "Viele sind froh über jeden Kontakt, der die Einsamkeit unterbricht", weiß die frühere Gemeindeschwester. "Zudem erfahren diejenigen, die nicht mehr die Gottesdienste besuchen können, dass sie noch zur Gemeinde gehören und nicht vergessen sind."

In Bad Vilbel bieten alle christlichen Kirchen, aber auch andere sozialen und städtischen Einrichtungen solche oder ähnliche Geburtstagsbesuche für die älteren Bürgerinnen und Bürger an. In der Dortelweiler Gemeinde beginnen diese ab dem 75. lebensjahr. Bei runden Geburtstagen ab 80 Jahren kommt in der Regel auch der Pfarrer selbst, ebenso wie bei kranken Gemeindemitgliedern.

Insgesamt sind es in dieser Gemeinde derzeit dreizehn Ehrenamtliche, die die Geburtstagsbesuche absolvieren, jeder bis zu 30 im Jahr. Wer die lebenslustige Gruppe um den agilen Pfarrer Johannes Misterek bei einem Treffen erlebt, kann nachvollziehen, dass die Besuche nicht nur den Jubilaren, sondern auch den Gratulanten selbst Freude bereiten.