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Jeder vergisst auf seine Weise

Demenz - dieser Begriff steht für eine Vielzahl von diagnostizierbaren Krankheitsformen des wichtigsten Organs des Menschen, des Gehirns, die Einschränkungen sozialer und beruflicher Aktivitäten zur Folge haben. Die Diagnose Demenz bedeutet für Betroffene und deren Angehörige eine drastische Veränderung. Die bekannteste Demenzerkrankung bezeichnen wir mit dem Begriff Alzheimer.

Als gerontopsychiatrische Störung, die auf lange Sicht zum Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit führt, wird Demenz eher bei älteren Menschen festgestellt. In Anbetracht des demographischen Wandels bedeutet diese Tatsache eine stetig wachsende Herausforderung an unsere Gesellschaft und das Gesundheits- und Sozialwesen, um die Betroffenen angemessen zu versorgen und zu betreuen.

Der Patient büßt nach und nach seine intellektuellen Fähigkeiten ein: in erster Linie verschlechtert sich das Kurzzeitgedächtnis, und der Betroffene nimmt selbst eine zunehmende Vergesslichkeit wahr. Denkprozesse verlängern sich, und das Sprech- sowie Urteilsvermögen lassen nach. Des Weiteren verändern sich auch die motorischen Fähigkeiten der betroffenen Personen. Bei vielen Betroffenen machen sich Schwierigkeiten hinsichtlich der Orientierung bemerkbar. Einige Formen der Demenz gehen auch mit der Veränderung der Persönlichkeitsstruktur einher, wobei mancher Patient plötzlich ein extrem unruhiges oder aggressives Verhalten an den Tag legt. Er fühlt sich selbst in seinem gewohnten Umfeld nicht mehr wohl, da er es nicht mehr erkennt. Ist der Tag-und-Nacht-Rhythmus gestört, schläft der Patient tagsüber und streift nachts unruhig umher. Die Symptome sind abhängig davon, welche Region im Hirn betroffen ist.

Die Diagnose Demenz beschreibt kaum beeinflussbare körperliche Ursachen. Die Nervenzellen im Gehirn des Kranken verändern sich, sie schrumpfen und sterben ab. So lösen sich Zellverbindungen auf oder der Zellkontakt wird durch Ablagerungen unterbrochen, so dass unzählige Informationen verloren gehen und nicht mehr abgerufen werden können. Dieser Vorgang geschieht nicht von einem Moment auf den anderen, sondern stellt sich als fortlaufender und zumeist schleichender Prozess dar, was auch bedeutet, dass der Patient nicht sofort unfähig ist, eigenständig zu leben.

Die Krankheit selber lässt sich nicht heilen, einige Symptome bei bestimmten Formen der Demenz gelten mittlerweile allerdings zumindest als behandelbar und können im Anfangsstadium mit gezielten Maßnahmen verzögert werden, z. B. durch Medikamente oder psychosoziale Therapien in Verbindung mit körperlicher Aktivität, durch kreative und künstlerische Therapien usw., so dass eine Behandlung bereits nach einiger Zeit erste Erfolge bei der Verbesserung kognitiver Fähigkeiten zeigen kann. Aus diesem Grund sollten erste Anzeigen oder Warnsignale ernstgenommen und in einem Gespräch mit dem Arzt geklärt werden. Zur Beruhigung: nicht jede kleine Vergesslichkeit lässt sich auf Demenz zurückführen!

Ganz wichtig ist: Jeder Mensch kann an Demenz erkranken. Weder Betroffene noch deren Angehörige haben einen Grund, sich für diese Diagnose zu schämen. Deshalb ist es ratsam, den Schritt nach vorne zu gehen und das soziale Umfeld frühzeitig darüber zu informieren. Zudem werden auf diese Weise Missverständnisse vermieden.

Um einem Demenzkranken Sicherheit und Stabilität zu bieten, ist es erforderlich, ihm sein gewohntes Lebensumfeld zu erhalten und vertraute Bezugspersonen zu stellen. Als wichtig erweisen sich auch die alten sozialen Kontakte, selbst in eingegrenzter Form. Ein großer Teil der Demenzpatienten wird zuhause durch Familienangehörige betreut, was für diese häufig eine extreme physische und auch psychische Belastung darstellt. Sie sollten sich deshalb nicht scheuen, Unterstützung über professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Erste Anzeichen einer Demenz
  • Reizbarkeit und Schlafstörungen
  • Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Probleme beim Rechnen
  • Verringerung des Sprachvermögens (Wortfindungsprobleme)
  • Motorische Störungen
  • Verlegen von Gegenständen
Bei fortgeschrittener Demenz
  • Unfähigkeit des Wiedererkennens von Gegenständen
  • Organisationsprobleme
  • Einfache Handlungsabläufe können nicht mehr vollzogen werden
  • Orientierungsschwierigkeiten
  • Probleme im Alltag
  • Stimmungsschwankungen von aggressiv bis depressiv
  • Unkontrolliertes Verlassen der Wohnung
  • Verursachen von gefährlichen Situationen
Im schlimmsten Fall erkennt der Kranke weder Angehörige noch Freunde und wird bettlägerig. Die Ernährung erfolgt über eine Sonde, der Verlust der Körperfunktionen tritt ein. Nun ist eine Pflege im Heim meist unumgänglich.

Entscheiden sich Angehörige für die häusliche Pflege des dementen Patienten, zieht dies eine völlige Umstrukturierung der eigenen Routine nach sich. Das Haus bzw. die Wohnung muss der Situation angepasst und demenzgerecht eingerichtet werden. Auch der Pflegegrad sollte rechtzeitig festgestellt und entsprechende Mittel beantragt werden. Wer sich durch professionelle Hilfe wie Tagesbetreuung und Pflegedienst entlasten möchte, kann zwischen diversen örtlichen Dienstleistern auswählen.

Mit der Krankheit leben

Im Anfangsstadium der Demenz lässt sich der Patient gut ins alltägliche Leben einbinden, sollte jedoch weder über- noch unterfordert werden. So können z. B. folgende Arbeiten und Aktivitäten gemeinsam vom Kranken und dem betreuenden Angehörigen ausgeführt werden:
  • Zubereitung der Mahlzeiten
  • Geschirrspülen
  • Bügeln und Falten der Wäsche
  • Pflanzen umtopfen, Unkraut jäten
  • Staubwischen
  • Malen und Basteln
  • Singen
  • Betrachten von Bilderbüchern
Hierbei geht es nicht um das Ergebnis der jeweiligen Aktionen, im Vordergrund steht hier die Gemeinsamkeit, es zählen allein die zusammen durchgeführten Aktionen!

Die Kommunikation zwischen Demenz-Patienten und Betreuer erweist sich im fortgeschrittenen Stadium als immens schwierig. Der Patient ist weiterhin in der Lage, sich mitzuteilen - nur auf eine andere Art und Weise. Die Sprache verliert zunehmend an Bedeutung, da der Betroffene entweder vergisst, was er sagen wollte, oder nicht in der Lage ist, seinen "Gesprächspartner" zu verstehen. Also muss die Kommunikation auf einem anderen Weg erfolgen. Dazu einige Tipps für pflegende Angehörige und Betreuer:
  • Wählen Sie klare Worte
  • Reden Sie langsam und deutlich in kurzen Sätzen
  • Stellen Sie simple und kurze Fragen, die nur ein "Ja" oder "Nein" als Antwort zulassen
  • Lassen Sie dem zu Pflegenden ausreichend Zeit für eine Antwort
  • Sorgen Sie für Blickkontakt
  • Schaffen Sie auch in Alltagssituationen eine fröhliche und ausgeglichene Atmosphäre
  • Wiederholen Sie tägliche Rituale
  • Bewahren Sie Ruhe - auch wenn es sicherlich manchmal schwerfällt!
  • Loben Sie für jede selbst ausgeführte Tätigkeit
  • Drücken Sie Ihre Zuneigung durch kleine Gesten, Berührungen oder durch ein einfaches Lächeln aus
Auch Pflegende brauchen Unterstützung

Selbstverständlich müssen pflegende Familienangehörige auf ihre eigene Gesundheit und somit auf Freiräume und Erholung achten. So hilft es nicht nur Demenzkranken, wenn jemand für sie da ist. Auch wer erkrankte Partner oder Eltern pflegt, darf in dieser schwierigen Situation nicht alleingelassen werden. Verständnis und tatkräftige Unterstützung enger Angehöriger und Freunde helfen, die Aufgabe leichter zu meistern.

Hilfreiche Informationen erhalten sowohl Betroffene als auch deren Angehörige durch die Teilnahme an Veranstaltungen diverser Selbsthilfegruppen. Hier besteht die Möglichkeit, Menschen kennenzulernen, die in der gleichen Situation leben - so lassen sich in ungezwungener Atmosphäre Erfahrungen austauschen. Ratgeberforen im Internet bieten den Nutzern ebenfalls Wissenswertes zum Thema Demenz.

Speziell bei konkreten Fragen zur Diagnose und Therapie der Krankheit, zum Umgang mit demenzkranken Angehörigen, zu Leistungen der Pflegeversicherung, zum Betreuungsrecht, zu wichtigen Anlaufstellen vor Ort und zu möglichen Hilfen findet man seit 2002 offene Ohren am Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V., die unterstützt wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Unter den Telefonnummern 01803 171017 und 030 259379514 können sich bundesweit Patienten und Pflegende kompetent beraten lassen - oder sich bei einfühlsamen Mitarbeitern einfach mal ihren Frust von der Seele reden.

Frühzeitig rechtliche Aspekte klären

Hat sich die Diagnose Demenz bestätigt, sollten wichtige Regelungen zeitnah getroffen werden. Meist ist der Betroffene im Frühstadium der Krankheit noch voll geschäftsfähig und sich der Konsequenzen seiner Entschlüsse bewusst, so dass er selbst durch eine Betreuungsverfügung oder eine Vorsorgevollmacht über die Gestaltung seine Zukunft entscheiden kann. Das beinhaltet die weitere medizinische Behandlung, die Wohnsituation, die rechtliche Vertretung etc.

Diese Themen bespricht der Betroffene am besten ausführlich in Ruhe mit vertrauenswürdigen Personen aus dem Familien- oder Freundeskreis sowie mit seinem Arzt oder Anwalt. Falls noch nicht geschehen, ist es ratsam, ein Testament aufzusetzen.

Finanzielle Leistungen auf einen Blick

Die gesetzlichen Krankenkassen tragen alle Kosten für Maßnahmen, die der Behandlung von Krankheiten dienen und im sogenannten Leistungskatalog stehen. Das bezieht sich auch auf Arztbesuche, verschreibungspflichtige Medikamente, therapeutische Maßnahmen oder Hilfsmittel, die im Zuge einer Demenz erforderlich sind. Soweit ärztlich verschrieben, werden die Kosten für häusliche Krankenpflege ebenfalls abgedeckt.

Auch für Vorsorgeuntersuchungen, Beratungsgespräche, Therapien, Rehabilitationsmaßnahmen sowie Heil- und Hilfsmittel (z. B. Massagen, Bäder, Krankengymnastik) übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten unter der Voraussetzung einer ärztlichen Verordnung.

Früher oder später benötigt jeder Demenzkranke regelmäßig Unterstützung. Sollte der Pflegebedarf den Zeitraum von einem halben Jahr überschreiten, übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung teilweise die entstehenden Kosten. Der Umfang hängt vom Grad der Pflegebedürftigkeit ab. Menschen mit Demenz sollten diese deshalb regelmäßig prüfen lassen.

Reichen die eigenen finanziellen Mittel und die Leistungen der Pflegeversicherung nicht zur Gewährleistung einer angemessenen Pflege aus, können Betroffene ergänzend Sozialhilfe beantragen. Die Höhe der Unterstützung variiert je nach finanzieller Situation des Patienten und der weiteren Haushaltsmitglieder.