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1901 - 1946

1901
Mit dem Tischlermeister Friedrich Koss wird der erste Sozialdemokrat in den Bürgerausschuss gewählt, wo er in dieser vom etablierten städtischen Bürgertum dominierten Versammlung bis 1918 als einziger SPD-Vertreter eine recht isolierte Stellung einnimmt.

1904
Die Hochzeit von Großherzog Friedrich Franz im Juli 1904 bietet den Anlass zu großen Feierlichkeiten. Schon Monate vorher sind sämtliche Hotels für diesen Termin ausgebucht und auch Privatzimmer kaum noch zu bekommen. Allein 4.000 Delegierte von fast 200 mecklenburgischen Kriegervereinen kommen, um Spalier zu stehen. Der Bürgerausschuss bewilligt mit 25.000 M mehr als das dreifache der bis dahin üblichen Summen für den Empfang. Allein das Feuerwerk mit "Riesen-Feuer-Porträts Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin [...] durch Tausende farbiger pyrotechnischer Lichter dargestellt" einschließlich "Schluß-Apotheose [...] mit gleichzeitigem Aufstieg von 500 großen Raketen" kostet 4.000 M, ist aber offensichtlich sein Geld wert. Eine ganze Woche dauern die Feierlichkeiten. Besonderes Aufsehen erregt der historische Festzug von der Artilleriekaserne durch den Schlossgarten zum Marstall. Kostümierte Reiter und Fußgänger stellen neun besonders ruhmreiche Szenen aus der Geschichte des Fürstenhauses dar, wobei sich die Elite des mecklenburgischen Adels als Laiendarsteller versucht.
Im November nimmt das von der AEG am Spieltordamm errichtete neue Elektrizitätswerk den Betrieb auf. Bis 1910 sind schon 1.225 Haushalte angeschlossen.

1906
Um den Bau weiterer Mietskasernen, durch welche die Stadt "verunzieret und die Gesundheit der Einwohner geschädigt wird", zu verhindern, verabschiedet die Stadt eine neue Baupolizeiordnung. Die Höhe der Häuser wird hierin ebenso beschränkt wie die Bebauung der Hofräume. Außerdem wird die Stadt in vier Bauzonen eingeteilt, die eine offene Bebauung am Stadtrand verbindlich machen.

1907
Großherzog Friedrich Franz IV. gibt den oberen Hofküchengarten, das Gebiet der heutigen Weinbergstraße, zur Bebauung frei.

1908
Im Dezember nimmt die neue Straßenbahn mit drei Linien den Betrieb auf. Obwohl die Nachfrage vor allem in den Sommermonaten auf der zum Schlossgarten führenden Linie so lebhaft ist, dass zusätzliche Wagen angeschafft werden müssen, bleibt die Bilanz chronisch defizitär.

1909
Engagierte Bürger gründen die "Kurhaus GmbH", um durch die Errichtung von zwei modernen Hotels die "Entwicklung Zippendorfs zu einem Luftkurort" voranzutreiben. Bereits im folgenden Jahr errichtet die Gesellschaft an Stelle der abgebrannten Gastwirtschaft am Strand das "Strandhotel" mit 32 Betten und das "Kurhaus" am Bornberg mit 63 Betten.

1911
Der "Nordische Hof", ein modernes luxuriös eingerichtetes Hotel mit 60 Fremdenzimmern, wird in der Schloßstrasse gebaut. Die 3. Landes-Industrie- und Gewerbeausstellung wird ein großer Erfolg und verzeichnet einen großen Besucherandrang.
Der "Realschulverein" errichtet in der Bergstraße eine private Realschule unter der Leitung des erst 28 Jahre alten Direktors Dr. Paul Buhle. Die neue Schule erfreut sich großen Zulaufs und zählt binnen kurzem über 300 Schüler.

1912
Im Oktober erfolgt nach langem Streit schließlich die Eingemeindung des Ostorfer Villenviertels, der Artilleriekaserne und des so genannten "Ostorfer Halses" zwischen Faulem See und Schweriner See.

1913
Professor Genzmer erstellt für das gesamte Areal des eingemeindeten Schloßgartengebiets einen Bebauungsplan, der "wegen seiner gesunden und schönen Lage" ausschließlich Wohnhäuser in offener Bebauung vorsieht. Durch gepflasterte Straßen, Kanalisation, Anpflanzungen und die Anbindung an die Straßenbahn wird das Gebiet zusätzlich aufgewertet. Zahlreiche Villen entstehen in den Folgejahren.
Senator Weltzien holt den jungen niederländischen Konstrukteur Anthony Fokker nach Schwerin, der in der heutigen Bornhövedstraße ein Flugzeugwerk und in Görries einen Flugplatz errichtet. Nach Ausbruch des Krieges 1914 finden die von Fokker entwickelten neuen Jagdflugzeuge beim Militär reißenden Absatz, die Produktionszahlen verdoppeln sich jährlich, die Belegschaft steigt von 250 im Jahr 1914 auf 1.600 im Jahr 1917. Insgesamt produzierte die Firma ca. 3.400 Flugzeuge während des Krieges in Schwerin.
Am 14. Dezember wird das Schloss durch einen Brand schwer beschädigt. Die städtische Feuerwehr zeigt sich überfordert. Der 74-jährige Feuermeister Gölling, der diese Funktion schon seit 45 Jahren inne hat, begeht den verhängnisvollen Fehler, seine neue Motorspritze an den Hydranten auf dem Schlossvorplatz anzuschließen, anstatt das Wasser aus dem Burgsee zu entnehmen. Diese Spritze verbraucht allein so viel Wasser, dass der Druck in den anderen Hydranten so stark abfällt, dass sie kaum noch zum Löschen zu verwenden sind.

1914
Um "der veränderten Stellung der Frau im wirtschaftlichen und sozialen Leben der Gegenwart" Rechnung zu tragen und "auch hier dem gesunden Fortschritt zu dienen, damit sich keine Rückstände gegenüber andern Städten und Ländern ergeben", übernimmt die Stadt die bestehenden höheren Töchterschulen und errichtet ein imponierendes neues Gebäude auf dem Gelände des alten Domfriedhofs am Totendamm. Mit einer Größenordnung, die sich in den folgenden Jahrzehnten zwischen 600 und 900 Schülerinnen bewegt, ist das Lyzeum die größte höhere Schule in der Stadt. Je nach Begabung und Interessenlage wird den Schülerinnen eine weite Palette von Möglichkeiten geboten. Selbst diejenigen, die "schwach im Geiste" waren, lernen hier zumindest standesgemäßes Benehmen und verlassen die Schule dann eben ohne Abschlusszeugnis aber mit der begründeten Hoffnung auf eine Heirat innerhalb ihres sozialen Milieus. Die meisten erwerben auf dem Lyzeum eine zwar bescheidene, aber ausreichende Allgemeinbildung, und die wenigen wirklich Ehrgeizigen und Begabten machen auf dem angeschlossenen Oberlyzeum das Lehrerinnenexamen oder erlangen gar auf der realgymnasialen Studienanstalt die Hochschulreife.

1915
Im November wird in Görries ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet. Die 300 bis 600 Insassen sorgen hier in den folgenden drei Jahren für die Planierung des Rollfeldes der geplanten Fliegerstation und werden in den Sommermonaten auch in der Landwirtschaft eingesetzt.

1917
Die Landesregierung verfügt im Mai die Eingemeindung von Görries, die wegen des dort errichteten Flugplatzes aus militärischen Gründen erforderlich scheint.

1918
Am 31. Januar legen etwa 800 Fokker-Arbeiter für einige Stunden die Arbeit nieder und fordern auf einer Kundgebung im Schlossgarten ein Ende des Krieges und freies Wahlrecht. Die Regierung ist jedoch zu keinen Verhandlungen bereit, so dass sich die Stimmung der Arbeiter weiter verschlechtert. Im September treten 1.800 Beschäftigte der Munitionsanstalt in Holthusen aus Unzufriedenheit mit den zugestandenen Lohnerhöhungen kurzfristig in Streik.
Am 6. November revoltiert eine Gruppe von ca. 180 in der Seevilla im Schlossgarten untergebrachten Landsturmmännern, denen sich die Garnison schnell anschließt. Die Offiziere werden entwaffnet, Soldatenräte gewählt. Am 8. November zwingen demonstrierende Arbeiter und Soldaten den Großherzog zur Einsetzung einer neuen Regierung und nötigen ihn am 14. November zum Verzicht auf den Thron. Friedrich Franz IV. geht nach Dänemark.
Am 19. Dezember erfolgt die Neuwahl des Bürgerausschusses nach gleichem und allgemeinem Wahlrecht. Die Sozialdemokraten erhalten 18 Sitze und die bürgerlichen Vertreter 32 (DNVP 8, DVP 9, DDP 9, Unabhängige 6). Das Ergebnis entspricht der sozialen Zusammensetzung der jetzt zwar von ihrem Großherzog verlassenen, aber immer noch bürgerlich geprägten und wenig industrialisierten Residenz. Die SPD erhält zwar bis 1933 mit beeindruckender Stetigkeit ein Drittel der Stimmen, bleibt aber ohne Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager in der Stadtverordnetenversammlung stets in der Minderheit. Die KPD kommt nie über 2 - 4 Prozent der Stimmen hinaus.

1919
Die Garnison stellt sich hinter die neue von Demokraten und SPD gebildete Regierung und schlägt am 6. Januar 1919 einen Putschversuch kommunistischer Matrosen nieder, die von Berlin kommend die Landeshauptstadt besetzt hatten. Zwei Matrosen werden hierbei getötet.
Die Stadt beginnt mit der Erschließung des Industriegeländes am Ziegelinnensee einschließlich Anlage eines Hafens und einer Hafenbahn. Die Erwartungen auf die Ansiedlung Lebensmittel verarbeitender Industrien wie Konservenfabriken, Mühlen oder einer Zuckerfabrik erfüllen sich nicht.

1920
Am 13. März 1920 lässt der zu den Führern des Kapp-Putsches gehörende Schweriner Militärbefehlshaber Generalmajor von Lettow-Vorbeck die Post besetzen und die Regierung verhaften. Als sich daraufhin am 15. März eine große demonstrierende Menschenmenge, von denen zumindest einige bewaffnet sind, auf das Arsenal zu bewegt, kommt es vor dem Postgebäude zum Zusammenstoß. Zwei Reichswehrsoldaten und 14 Demonstranten werden getötet, zahllose Menschen verletzt. Eine Woche lang steht die Stadt unter einer "brutalen Militärdiktatur", dann müssen Kapp in Berlin wie auch Lettow-Vorbeck in Mecklenburg unter dem Druck des mit eindrucksvoller Disziplin durchgeführten Generalstreiks aufgeben.

1921
Für 2,3 Mio Mark erwirbt die Stadt Gelände und Gebäude der Militärfliegerstation in Görries zur Industrieansiedlung. Wegen der herrschenden Depression im Allgemeinen sowie der Randlage Schwerins und des dortigen Mangels an qualifizierten Facharbeitern im Besonderen ist diesen Bemühungen jedoch kein Erfolg beschieden. Resigniert stellt Oberbürgermeister Weltzien im September 1924 fest, "dass wir uns hier in Schwerin aus einer vornehmen ruhigen Haupt- und Residenzstadt umstellen und versuchen müssen, uns allmählich zu einer Industrie- und Handelsstadt zu entwickeln. Dies ist leichter gesagt als getan."

1923
Der Verband der ehemaligen Angehörigen des Landwehrregiments 76 stellt im Schoßgarten ein Gefallenendenkmal auf, das einen von hinten erstochenen Krieger zeigte. Diese bildliche Darstellung der "Dolchstoßlegende" löst bei der Enthüllung heftige Konflikte mit den Sozialdemokraten aus.
Im Oktober werden bei einem Sprengstoffanschlag auf das Tor der Infanteriekaserne mehrere hundert Fensterscheiben zertrümmert.

1925
Die Bewohner der Stadt bereiten Reichspräsidenten Hindenburg am 13. September einen begeisterten Empfang.

1926
Die Lufthansa errichtet in den Sommermonaten eine Linienverbindung Hamburg-Schwerin. Dies ist die einzige Zeit in der Geschichte des Schweriner Flughafens, in der er wirklich dem zivilen Verkehr diente. Wegen der geringen Nachfrage wird die Linie im August bereits wieder eingestellt.

1927
Der Landesverwaltungsrat stimmt im September mit knapper Mehrheit für die Eingemeindung von Lankow und Ostorf.

1930
Mit den Stadtverordnetenwahlen am 16. November ändern sich die bisherigen Machtverhältnisse entscheidend. Während die völkischen Parteien bisher nur zwei oder drei Sitze hatten, so erringen die Nationalsozialisten hier auf Anhieb 14 Mandate im Stadtparlament. Die bürgerliche Einheitsliste erhält nur noch 12 statt bisher 23 Sitze und die DDP ist gar nicht mehr vertreten.

1932
Bei den Landtagswahlen im Juni erhält die NSDAP in Schwerin wie im Landesdurchschnitt 50 Prozent der Stimmen und stellt mit Walter Granzow den Ministerpräsidenten.
Im gleichen Monat stimmt die bürgerliche Fraktion in der Stadtvertretung für die Wahl des nationalsozialistischen Stadtvertreters Peters zum unbesoldeten Stadtrat.
Nachdem die städtische Polizei wiederholt Angehörige der SA verhaftet hat, unterstellt am 16. September der nationalsozialistische Ministerpräsident Granzow die städtische Polizei dem Kommando der staatlichen Ordnungspolizei in Schwerin. Zur Unterbringung obdachloser und durch Arbeitslosigkeit in Existenznot geratener kinderreicher Familien beschließt die Stadt die Errichtung einer Siedlung in der Nähe des Stadtgutes Neumühle. Zwischen 1933 und 1935 entstehen 108 Siedlerstellen - die meisten davon als Doppelhäuser - in Neumühle. Mit der Erweiterung der Siedlung verband die NSDAP zunehmend auch ideologische Ziele: "Siedlung ist heute die deutsche Aufgabe schlechthin.[...] Die Bindung an den Boden ist in den vergangenen Jahren verloren gegangen.[...] Vor allem kommt es darauf an, den deutschen Arbeiter mit dem Boden zu verbinden, ihm eine Heimstätte zu geben". Da sich die Wohnungsnot durch die Verlegung größerer Militäreinheiten nach 1935 noch verstärkt, gehen Stadt und Heimstättenamt mit großem Elan an die Arbeit und errichten 1936 allein 142 und 1937 noch einmal 48 Siedlerstellen in Neumühle.

1933
Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar verhaftet die Polizei neun Kommunisten und beschlagnahmt bei umfangreichen Hausdurchsuchungen große Mengen Flugbätter.
Am 14. März überbringt Stadtrat Peters die Forderungen der NSDAP-Führung nach sofortiger Beurlaubung von Oberbürgermeister Saschenbrecker und zwei weiteren Stadträten. Der Rat der Stadt gibt nach.
SA-Männer beziehen am 30. März Posten vor allen jüdischen Geschäften in der Stadt. Kunden werden bedroht und eingeschüchtert. Viele Juden verlassen die Stadt. Leben 1933 noch 151 Juden in Schwerin, so sind es Ende 1936 nur noch 71. An dem nun erstmals zum gesetzlichen Feiertag erhobenen 1. Mai versammeln sich über 20.000 Menschen auf dem Alten Garten. Am 2. Mai werden in Schwerin die Gewerkschaftsbüros besetzt und Kassen und Geschäftsbücher beschlagnahmt, worauf sich der langjährige Ortsausschussvorsitzende des Gewerkschaftsbundes, August Lemcke, aus Verzweiflung das Leben nimmt.
Am 9. Mai 1933 werden der bisherige zweite Bürgermeister Wempe zum Oberbürgermeister und der bisherige Stadtsyndikus Dr. Schroeder zum besoldeten Stadtrat gewählt. Neben den beiden Nationalsozialisten Blau und Peters wird auch der örtliche Führer des deutschnationalen "Stahlhelm", der Kaufmann Russ, zum unbesoldeten Stadtrat ernannt.
Ministerpräsident Granzow ordnet am 21. Mai die Arisierung der Getreidehandelsfirma Löwenthal, Nord & Co. an. Zwei der Besitzer, Otto Löwenthal und Max Nord, waren Juden. Sie wurden von ihrem nichtjüdischen Teilhaber Paul Ohlerich aus der Geschäftsführung verdrängt und 1938 entschädigungslos enteignet.

1934
Domprediger Henning Fahrenheim, der sich für die Unabhängigkeit der Kirche ausspricht und gegen den "gewaltsamen Einbruch außerkirchlicher Mächte" protestiert, wird zusammen mit sechs anderen Pastoren vor Gericht gestellt und zu einer Haftstrafe von drei Monaten verurteilt (die freilich nicht vollstreckt wurde) und auf eine Landpfarre versetzt. Die Gemeindemitglieder der Domgemeinde reagieren hierauf mit Unverständnis und setzten sich mit einer 2.417 Unterschriften enthaltenden Petition für ihren Seelsorger ein.

1935
Das Schlossgartengebiet einschließlich Burgsee, Schlossinsel, Altem Garten, Marstallhalbinsel und Pfaffenteich wird am 30. Januar eingemeindet.
Mit der Einführung der neuen nationalsozialistischen Gemeindeordnung wird auf eine Stadtverordnetenversammlung ganz verzichtet und diese durch zwanzig von der NSDAP berufene Gemeinderäte ersetzt.
NSDAP-Gauleiter Hildebrandt erwirbt für seine engsten Gefolgsleute das Baugelände am Tannenhof. Die Gauamtsleiter der NSDAP erhalten die Grundstücke völlig umsonst. Dafür wird dem Gauleiter ein Vorkaufsrecht eingeräumt für den Fall des Ausscheidens des derart begünstigten Grundstücksbesitzers aus der Partei. Hildebrandt, der selbst in der Schlossgartenallee in der Nähe residiert, versammelt mit dieser so genannten "Gauamtsleitersiedlung" ungeniert seinen Hofstaat um sich.
Mit der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht wird die Garnison erheblich vergrößert. Die Luftwaffe nimmt den Flugplatz in Görries wieder in Betrieb. Immer neue Abteilungen werden in die Stadt verlegt. An der Güstrower und an der Ludwigsluster Straße entstehen neue Kasernen, die einrückenden Truppen werden von der Bevölkerung begeistert empfangen. Die "Mecklenburgische Zeitung" kommentiert das Ereignis mit den Worten: "Die alte Soldatenstadt Schwerin bekommt Zuwachs". 1939 beherbergt die Stadt neben dem Divisionskommando ein Infanterie- und ein Artillerieregiment, eine Panzerabwehr- und eine Nachrichtenabteilung, sowie eine Kampffliegergruppe in Görries einschließlich eines Heeresnebenzeugamts mit ca. 1.100 Arbeitskräften. Die Einwohnerzahl steigt so gegenüber 1933 um fast 10.000 Menschen auf 64.000 an.

1936
Auf Befehl des Gauleiters erfolgt die Eingemeindung von Wickendorf, Groß und Klein Medewege, Warnitz, Friedrichsthal, Krebsförden und Mueß, wodurch sich das Stadtgebiet von 3.900 ha auf 8.000 mehr als verdoppelt.

1937
Gauleiter Hildebrandt beruft im Juni den Braunschweiger Oberregierungsrat Dr. Timmermann als neuen Oberbürgermeister. Timmermann gehört seit 1929 der NSDAP an. Damit kommt die nationalsozialistische Machtergreifung an der Spitze der Stadt zum Abschluss.

1938
In den frühen Morgenstunden des 10. November verwüsten SA-Männer jüdische Geschäfte und die Synagoge am Schlachtermarkt, die bald darauf abgerissen wird. Die 16 noch in Schwerin lebenden männlichen Juden vom 18-jährigen Benno Zoltobrodsky bis zum 75-jährigen Louis Kychenthal werden von der Kriminalpolizei verhaftet und in das Zuchthaus Neustrelitz gebracht. Der geplante Weitertransport in das Konzentrationslager Sachsenhausen unterbleibt. Die Häftlinge werden in Neustrelitz zur Zwangsarbeit eingesetzt, erhalten aber das unbeschränkte Recht zum "Briefwechsel mit Konsulenten und Paßbehörden zum Zwecke der Vorbereitung der Auswanderung". Wenn die Gefangenen ein gültiges Ausreisevisum vorweisen können, werden sie umgehend entlassen. Eine Woche nach ihrer Verhaftung sind bereits 53 von 165 Inhaftierten aus Mecklenburg wieder in Freiheit. Am 2. Dezember 1938 befinden sich auf Anordnung der Gestapo Schwerin nur noch 39 überwiegend jüngere Männer in Haft. Die letzten vierzehn, unter ihnen der Schweriner Arbeiter Max Olivenstein, werden am 25. März 1939 entlassen.

1939
Im Februar 1939 wird die schon vorher massiven Schikanen ausgesetzte katholische Schule vom Unterrichtsministerium geschlossen. Zugleich verhaftet die Polizei den Schweriner Vikar Leopold Wiemker und liefert ihn in das Konzentrationslager Dachau ein, wo er bis Kriegsende inhaftiert wird.
Domprediger Karl Kleinschmidt protestiert beim Landesbischof gegen den Ausschluss der getauften Juden aus der Kirche. Der Oberkirchenrat eröffnet ein Disziplinarverfahren, das jedoch bei Kriegsausbruch ohne Ergebnis eingestellt wird.
Nicht weniger als 37 Straßen werden im April umbenannt. Sämtliche Fürstennamen von Adolf Friedrich bis Wladimir werden mit einem Schlag aus dem Stadtbild eliminiert. Das ist eine Provokation, die heftige Proteste auslöst. Während die NSDAP zunächst behauptet, dass sich hierüber nur "eine Handvoll Reaktionäre" und ein "paar alte Hofschranzen" aufregen würden, muss selbst der Kreisleiter intern zugeben, dass breite Kreise der Bevölkerung die Aktion kritisierten.

1940
Bei einem Bombenangriff am 21. Juli werden mehrere Häuser in der Severinstraße zerstört und sechs Menschen getötet.

1941
In zwei Transporten am 18. Juli und 1. August werden 280 Patienten aus der Heilanstalt Sachsenberg nach Bernburg ge bracht und dort ermordet. In den folgenden Jahren tötet Oberarzt Dr. Leu bis 1945 mindestens 500 weitere Patienten durch eine Überdosis Veronal.
Im Herbst werden mehrere Tausend sowjetische Kriegsgefangene in das Lager Stalag II E bei Zippendorf gebracht. Ihr Ernährungszustand ist äußerst schlecht. Trotzdem müssen sie schwere Arbeit leisten. Mehr als 500 von ihnen sterben in den nächsten Monaten an Hunger und Erschöpfung.

1942
Am 6. Juli befiehlt die Staatspolizeistelle Schwerin die Evakuierung von zwölf Schweriner Juden "nach dem Osten". Olga Stern und ihre Tochter Lotte wählen stattdessen den Freitod. Die Übrigen werden am 10. Juli 1942 gemeinsam mit achtzig anderen Juden aus Mecklenburg mit der Bahn nach Ludwigslust gebracht. Von dort werden sie mit einem Zug, in dem sich bereits 300 Juden aus Hamburg befanden, in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Von den elf Schweriner Juden kehrt keiner zurück. Am 11. November 1942 schließlich werden die letzten Bewohner der Häuser am Schlachtermarkt im Alter von 62 bis 80 Jahren nach Theresienstadt deportiert. Auch von ihnen überlebt keiner.

1944
Nach dem Attentat auf Hitler verhaftet die Polizei als Präventivmaßnahme am 22. Juli Carl Moltmann, Albert Kruse und andere bekannte SPD-Führer der Weimarer Republik und lässt sie erst zwei Wochen später wieder frei.
Am 4. und 25. August 1944, greift ein amerikanischer Bomberverband zweimal den Flugplatz in Görries an und lässt eine Bahn der Verwüstung zurück. Im angrenzenden Dorf werden 28 Häuser total zerstört, 12 schwer und 41 leicht beschädigt. Acht Soldaten und sieben Zivilisten kommen bei den beiden Angriffen ums Leben.

1945
Am 7. April greift ein amerikanerischer Bomberverband den Güterbahnhof und die Feldstadt an. Außer dem Straßenbahndepot in der Wallstraße werden mehr als vierzig Häuser vollständig zerstört. Ganze Straßenzüge in der Vorstadt sind dem Erdboden gleich gemacht. 217 Tote verzeichnet das Friedhofsregister.
Am 2. Mai 1945 plündert eine Menschenmenge das Heeresverpflegungsamt und die Depots am Güterbahnhof. Daneben gibt es aber auch Fanatiker in der Stadt, die die Wirklichkeit nicht erkennen wollen. Als die auf der Flucht befindliche Lehrerin Marianne Grunthal aus Zhedenick auf die Nachricht von Hitlers Tod laut ihre Erleichterung über das nun zu erwartende Kriegsende ausdrückt, wird sie von SS-Männern festgenommen und auf dem Bahnhofsplatz erhängt.
Das zur 8. US-Infanteriedivision unter General Moore gehörende 121. Infanterie-Regiment, das sog. "Grey Bonnet Regiment" erreicht am 2. Mai gegen 11.30 Uhr die Schweriner Gartenstadt und nimmt ohne Widerstand die gesamte Stadt ein. Die Amerikaner übernehmen die Stadt in einer schwierigen Situation. In und um Schwerin lagern ganze Heerscharen, Flüchtlinge, Vertriebene, ehemalige und neue Kriegsgefangene. Zum Zwecke der politischen Umerziehung beschließen die Amerikaner, Schwerins Bevölkerung mit den fast vor ihrer Haustür verübten Greueltaten zu konfrontieren. Am 8. Mai werden die Leichen von 170 KZ-Häftlingen aus Wöbbelin auf dem heutigen Platz der Opfer des Faschismus (OdF) beigesetzt. Lautsprecherwagen fordern die Bevölkerung auf, an der öffentlichen Trauerfeier und Beerdigung teilzunehmen.
Am 1. Juni folgen den Amerikanern britische Truppen und schottische Dudelsackkapellen marschierten durch die Straßen. Am 15. Juni beginnt am Theater der Vorstellungsbetrieb, doch Deutsche dürfen nur im zweiten und dritten Rang Platz nehmen. Im Vergleich zu den amerikanischen Besatzern geht es militärisch strenger zu. Beziehungen zur Zivilbevölkerung beschränkten sich auf die administrative Ebene, private Kontakte sind untersagt und unterbleiben wohl auch meist. Das Militär demonstriert Stärke durch häufige Paraden, zumindest einmal unter der Teilnahme von Feldmarshall Montgomery.
Am 1. Juli ziehen sowjetische Truppen in die Stadt ein. Der Hauptsitz der Sowjetischen Militäradministration für Mecklenburg (SMAM) befindet sich in der Schweriner Schlossstraße im ehemaligen Hotel "Nordischer Hof". Zur Unterbringung von Soldaten und Offizieren muss das Schlossgartenviertel zwischen Cecilien-Allee (Schloßgartenallee) und dem Faulen See geräumt werden.
Die kommunistische "Volkszeitung" bezieht am 3. Juli das beschlagnahmte Gebäude des ehemaligen Gauverlages in der Wismarschen Str. 144, bereits am 13. Juli erscheint die erste Ausgabe.
Im August 1945 gründen der Domprediger Karl Kleinschmidt, die kommunistischen Schriftsteller Adam Scharrer und Willi Bredel im Schweriner Theater den Kulturbund. Der Schweriner Landesverband nimmt innerhalb der Kulturbundorganisationen der SBZ zunächst eine Sonderstellung ein, denn der angesehene Kommunist Willi Bredel kann sich gewisse Reibereien mit dem zentralistischen Vorsitz unter Johannes R. Becher leisten. Die Schweriner Ortsgruppe findet sich zur ersten Mitgliederversammlung am 21. September zusammen, und besteht im Jahre 1950 bereits aus 5.200 Mitgliedern. Mit dem Haus der Kultur am Pfaffenteich, das ein eigenes Restaurant, Konferenzzimmer und einen Konzertsaal besaß, ist der Kulturbund bestens ausgestattet und kann der Bevölkerung eine Vielzahl von Arbeitsgemeinschaften anbieten, z.B. in den Bereichen Musik, Fotografie, Philatelie, bildende Kunst und Heimatforschung. Hinzu kommen Veranstaltungen wie Konzerte und Diskussionsabende.

1946
Die Landesparteileitungen von SPD und KPD beschließen am 8. Februar, einen gemeinsamen Landesorganisationsausschuss zu bilden. Dies ist faktisch die Gründung eines gemeinsamen geschäftsführenden Vorstandes ohne Legitimation durch die Basis. Die letzten Landesparteitage von SPD und KPD finden am 7. April statt. Während die SPD-Genossen im Capitol tagen, versammeln sich die KPD-Delegierten im Landestheater. Die Anwesenheit sowjetischer Offiziere erhöht den Druck. Gegen 13.00 Uhr kommen die KPD-Delegierten mit Fahnen und Gesang ins Capitol. Carl Moltmann und Kurt Bürger werden zu gleichberechtigten Vorsitzenden gewählt. Im April zählt die Stadt 92.907 Einwohner, davon sind so genannte 27.327 Umsiedler aus Ostpreußen, Hinterpommern und Schlesien. Noch im Dezember bemerkt der Präsident der Zentralverwaltung für deutsche Umsiedler: "... dass es in Schwerin immer noch Elendsquartiere gäbe, ohne erkennbare Anstrengungen, den vorhandenen Wohnraum wirklich zu erfassen oder Quartiere einigermaßen wohnlich zu gestalten."