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Teil 7:

Stadterweiterung Schwerins im 19. Jahrhundert

Von "Geldhülfen" und "Speculationsgeschäften"

1837 verlegte Großherzog Paul Friedrich die Residenz wieder von Ludwigslust nach Schwerin zurück und nahm eine Reihe großer Bauvorhaben in Angriff, die wie das Arsenal oder der Marstall noch heute das Stadtbild beherrschen. Erstmals wurden nun auch die am Wasser liegenden Gebiete bebaut. Jahrhunderte lang war die Bebauung der Stadt nur den Höhenzügen gefolgt. Die sumpfigen Uferregionen wurden in berechtigtem Misstrauen gegenüber der Tragfähigkeit des Baugrundes sorgfältig gemieden. Nur arme Leute und Fischer wohnten am Wasser. Unter Missachtung finanzieller Bedenken entschied sich der dynamische Großherzog für die Errichtung eines neuen Stadtteils direkt am Westufer des Pfaffenteichs. Das zu Recht nach seinem Gründer "Paulstadt" genannte Areal war das letzte große fürstliche Stadterweiterungsprojekt. Planung und Finanzierung für die Planierung des Geländes, den Straßenbau und die Uferbefestigung lagen ausschließlich in der Hand der großherzoglichen Verwaltung. Der Magistrat wurde nicht beteiligt. In der Tat bestand zu diesem Zeitpunkt noch eine enorme finanzielle Ungleichheit zwischen Stadt und Landesherr. Während der Magistrat mehr als zehn Jahre vergeblich versuchte, die 1.900 Reichstaler für die Überwölbung des Fließgrabens im Verlauf der heutigen Mecklenburgstraße zusammenzubekommen und schließlich extra dafür eine Anleihe aufnehmen musste, konnte Paul Friedrich es sich leisten, mit leichter Hand allein 134.000 Reichstaler für den Bau des Arsenals auszugeben.

Leider starb Paul Friedrich bereits 1842 und sein Sohn Großherzog Friedrich Franz II. entwickelte nur geringen städtebaulichen Ehrgeiz. Als Hofbaurat a. D. Demmler 1863 seinen "Erweiterungs- und Verschönerungsplan der Residenzstadt Schwerin" vorlegte, der unter anderem auch eine großzügige Bebauung der Uferbereiche vorsah, beschränkte Friedrich Franz II. seine Unterstützung weitgehend auf warme Worte, verweigerte aber "directe Geldhülfen" aus der landesherrlichen Kasse. Damit war der große Plan de facto gestorben. Der Magistrat nannte die aufwendige Erschließung neuer Baugebiete "Speculationsgeschäfte", die die Stadt besser privaten Unternehmern überlassen sollte. So sollte es dennoch etliche Jahrzehnte dauern, bis die Uferbereiche von Burgsee, Pfaffenteich und Beutel bebaut waren, und manche von Demmlers Ideen sind bis heute nicht realisiert worden.